Fotogalerie
Alle Fotos (4)Biografie
Phil Jutzi wurde als Philipp Jutzi am 22. Juli 1896 in Alt-Leiningen bei Grünstadt/Pfalz geboren, als Sohn des Schneidermeisters Peter Jutzi und Anna Katharina Jutzi, geb. Friedrich. Nach Beendigung der siebten Klasse der Volksschule besuchte er zwei Jahre lang eine Kunstgewerbeschule. Mit zwanzig verdiente er als Plakatmaler für ein kleines Kino im Schwarzwald sein erstes Geld und machte mit der Kamera des Kinobesitzers erste Aufnahmeversuche. Im Ersten Weltkrieg war Jutzi dienstuntauglich und lediglich für "Hilfsdienste" eingeteilt.
Anfang der 1920er Jahre änderte Phil Jutzi seinen Vornamen in Piel. Allerdings verlor er 1931 in einem Prozess um Namensgleichheit gegen den Schauspieler und Regisseur Harry Piel. In seinen weiteren Werken tauchte Jutzi wieder mit dem Namen Phil auf.
1919 zog Phil Jutzi nach Heidelberg um, wo er als Kameramann, Regisseur und Drehbuchautor tätig war. "Das blinkende Fenster" (1919) war seine erste Regiearbeit bei der Internationalen Film-Industrie GmbH, die hauptsächlich Detektiv- und Wildwestfilme produzierte. Es folgten weitere Filme wie "Bull Arizona der Wüstenadler" (1919) oder "Der Fremde mit der Teufelsmaske" (1920).
Jutzis nächste Station war Berlin. Dort hatte er Kontakt zu der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH) und drehte für das kommunistische Film-Kartell Welt-Film als Kameramann aktuelle Ereignisse. Nach der Gründung der proletarischen Prometheus Film-Verleih und Vertriebs GmbH wurde er dort als Regisseur tätig. Zunächst wurden von Jutzi Dokumentarfilme erstellt.
Im Jahre 1926 wurde der Spielfilm "Kladd und Datsch, die Pechvögel" unter seiner Regie produziert. Zunehmend kamen russische Filme in den Verleih der Prometheus. Unter anderem war Jutzi zuständig für die Herstellung deutscher Verleihfassungen. Eisensteins "Bronenosec Potemkin" ("Panzerkreuzer Potemkin", 1925) ist der bekannteste Titel. Jutzi war es auch, der 1930 den Film neu montierte und die erste Tonfassung erstellte. An den deutsch-russischen Co-Produktionen der Prometheus war er bei "Falschmünzer" ("Salamandra", 1928) und "Der lebende Leichnam" ("Zhivoj Trupp", 1928) als Kameramann beteiligt.
Mitte der 1920er Jahre wurde Phil Jutzi zum führenden Regisseur des "proletarischen" Films. 1928 führte er Regie bei dem halbdokumentarischen Spielfilm "Um's tägliche Brot (Hunger in Waldenburg)" nach einem Drehbuch von Léo Lania. Mitwirkende waren Laiendarsteller und Holmes Zimmermann, der Schwager Jutzis, mit dem er bereits bei der Internationalen Film-Industrie GmbH (Heidelberg) einen Film gedreht hatte und der auch in "Mutter Krausens Fahrt ins Glück" zu sehen ist. Der Film "Um's tägliche Brot" zeichnete ein realistisches Bild von dem Elend im Kohlerevier von Waldenburg. Fast durchgehend positiv waren die Reaktionen auf den Film. Vereinzelt wurde kritisiert, dass er auf fatalistische Weise das Elend zeige und keinen Ausweg aufweise.
Der nächste und mit Abstand der größte künstlerische und wirtschaftliche Erfolg für Prometheus war 1929 "Mutter Krausens Fahrt ins Glück". Mit nur geringen finanziellen Mitteln und unter dem Protektorat von Käthe Kollwitz, Hans Baluschek und Otto Nagel gelang Jutzi die Darstellung von Typen und einem Milieu des Proletariats. Sozialkritisch und ohne Pathos filmte er mit seiner Kamera die Straßen Berlins. Siegfried Kracauer schrieb in der Frankfurter Zeitung vom 28.01.1930: "Aber er hat doch nicht wie andere den Russen nur die Äußerlichkeiten abgeguckt, sondern wirklich von ihnen gelernt. Seine Straßen-, Häuser- und Hofaufnahmen sind großartig, seine Übergänge sachlich begründet."
Zur Einführung des Tonfilms äußerte sich Jutzi kritisch und forderte auf, mit der "Tyrannei des Tones" Schluss zu machen ("Zurück zum Film! S.M. der Ton"). Die geplante Verfilmung 1930 von Anna Seghers' "Aufstand der Fischer" mit Asta Nielsen konnte von Jutzi nicht mehr mit Prometheus realisiert werden. Prometheus hatte zwar durch "Mutter Krausens Fahrt ins Glück" einen finanziellen Gewinn gemacht, doch Altschulden mussten beglichen werden. Phil Jutzi, der zuvor schon unter schlechter Bezahlung gearbeitet hatte, musste seinen Plan aufgeben. Seine produktivste künstlerische Schaffensphase ging damit dem Ende zu. Jutzi trat Ende 1929 aus der KPD aus.
1931 entstand mit der Allianz Tonfilm GmbH nach der Romanvorlage von Alfred Döblin "Berlin - Alexanderplatz", mit Heinrich George als Franz Biberkopf. Der Film übte wieder deutliche Kritik an den herrschenden sozialen Verhältnissen, war jedoch in seiner Ausdruckskraft nicht vergleichbar mit "Mutter Krausens Fahrt ins Glück". Die Kritik blieb zurückhaltend.
Nicht nur seine filmischen Arbeiten markierten in den 30er Jahren einen deutlichen Wandel, auch politisch orientierte sich Jutzi neu. Im März 1933 trat er der NSDAP bei und schloss sich darauf folgend im Mai der Nationalsozialistischen Betrieborganisation/Film (NSBO) an. Im gleichen Jahr wurden durch die Zensur seine Filme "Um's tägliche Brot" und "Mutter Krausens Fahrt ins Glück" verboten. Phil Jutzis Arbeiten in den Jahren 1933 bis 1937 waren hauptsächlich Kurzspielfilme der leichten Gangart - Lustspiele für den Produzenten Kurt Ulrich. Es entstanden in den gleichen Jahren über zehn Filme für Euphono-Film. 1934 und 1935 hatte Jutzi die Möglichkeit, in Österreich zwei lange Spielfilme mit Atlantis-Film zu inszenieren. Zum einen handelte es sich um "Lockspitzel Asew", eine Geschichte um einen Verräter, der mehrere Personen in einer verkörperte; zum anderen drehte er ein Spionage-Melodram, "Der Kosak und die Nachtigall".
In der 1940er Jahren verschlimmerte sich Jutzis finanzielle Situation, hinzu kamen gesundheitliche Probleme. Er besaß 1942 eine Festanstellung bei der Reichspost-Fernseh-Gesellschaft als Chef-Kameramann und arbeitete in diesem Rahmen unter anderem für Lex Film und die Ufa. Jedoch konnte Jutzi wegen seiner gesundheitlichen Situation kaum noch dieser Tätigkeit nachgehen, seine hohe Verschuldung und eine Erkrankung seiner Frau, Emmy Philippine, geb. Zimmermann, setzten ihm außerdem noch zu. Nach Kriegsende ging er mit seiner Frau und seiner Tochter Gisela, geboren 1926, zurück in seine Heimat Altleiningen. Die finanzielle Situation blieb nach wie vor schwierig.
Phil Jutzi starb am 01. Mai 1946 im Krankenhaus von Neustadt an der Weinstraße.
Autorin: Lena Pezzarossa