Filmstars von gestern: Fita Benkhoff
Lilly und Rudolf Reiners, Frankfurter Rundschau, 30.03.1957
Fita Benkhoffs Karriere begann mit "Amphitryon" im Jahre 1935. In weit über 70 Filmen hat sie ihr Können den verschiedensten menschlichen Charakteren geliehen. Ich war neugierig auf diese Frau. So fuhr ich zum Starnberger See hinaus. Eine unscheinbare Holzpforte führte mich in das direkt neben der 800 Jahre alten Kirche gelegene Grundstück.
"Wenn man bedenkt, daß die Kirche 800 Jahre alt ist, dann kommt man sich doch noch recht jung vor", sagte Frau Benkhoff zum Empfang. Mit Besitzerstolz zeigt sie mir zuerst ihr Häuschen. Dann setzen wir uns zu einem Wermut, und Frau Benkhoff beginnt zu erzählen: "Sie haben mich bisher sicher nur als komische Nudel gesehen. Unter uns gesagt, ich würde ganz gern wieder einmal ernste Rollen spielen. Sehen Sie, ich habe das "Gretchen" gespielt und "Maria Magdalena". Kleine erste Rolle war ein Page in "Don Carlos". Ich habe auch die "Desdemona" und Shaws "Heilige Johanna" gespielt, aber der Film will mich immer wieder als verrückte Schraube. Wenn ich ehrlich bin: Das macht mir natürlich auch viel Freude. Aber schade ist es doch!"
"Seit ein paar Jahren habe ich hier das Haus in Berg", fuhr sie fort, "und in meiner Freizeit pflege ich meinen Garten und sehe den Vögeln zu, für die ich 25 Nistkästen habe anbringen lassen."
Wir plaudern über Frau Benkhoffs Weg zum Film. "Mein Weg zum Theater und zum Film war nicht leicht. Ich habe als Telefonistin begonnen und von dem verdienten Geld heimlich Schauspielunterricht genommen. In Dortmund, meiner Vaterstadt, stand ich auch zum ersten Male auf der Bühne. Dann kam ein Engagement in Lübeck. Düsseldorf, unter Louise Dumont, war das Sprungbrett, das mich schließlich über Breslau und Wien nach Berlin brachte. Meine erste Filmrolle, die Andria in "Amphitryon", war nicht ganz leicht zu bekommen. Obgleich ich damals schon an der Berliner Volksbühne spielte, war ich für den Film doch ganz neu, die ersten Probeaufnahmen fielen verheerend aus."
Frau Benkhoff lacht. "Es hat lange gedauert, bis ich mich davon überzeugen ließ, daß ich doch ganz passabel im Film wirke. Trotzdem klappte es mit dem Vertragsabschluß nicht gleich. Eine Freundin des Grafen Helldorf sollte eigentlich die Hauptrolle spielen. Es wurden Probeaufnahmen von ihr angefertigt, und Schünzel lud Goebbels ein, sich eine Probeaufnahme anzusehen. Das Ergebnis war erfreulich – für mich! Ich bekam die Rolle, und Graf Helldorf hatte das Nachsehen. Damit war ich eigentlich durch."
Ein Hund, "Allo vom Pankestrand", kommt gravitätisch ins Zimmer und legt sich, nachdem er mich beschnüffelt hat, Frau Benkhoff zu Füßen. "Mein bester Gefährte außer meinem Mann natürlich, mit dem ich 15 Jahre verheiratet bin." – "Aber nun zurück zum Film. Seit 1935 habe ich fast unablässig gedreht, bis der Zusammenbruch kam. In jedem Jahr zehn bis zwölf Filme. Die bekanntesten sind, außer "Amphitryon", "Boccaccio", mit Willy Fritsch, "Schneider Wibbel" mit Erich Ponto. 1939 wurde "Opernball" gedreht." Außerdem erinnern wir uns noch an "Lauter Lügen" und "Das Fräulein von Barnhelm".
Nach dem Kriege spielte sie wieder auf der Bühne. Dem Theater gehört immer noch ihre große Liebe. Im Hamburger Thalia-Theater spielte sie die Hauptrolle in "Pygmalion". "Aber 1943 holte mich der Film wieder."
Während wir von ihren Erfolgen beim Nachkriegsfilm sprechen, gehen wir in die Küche, die mit blauen, buntbemalten Möbeln einen lustigen Eindruck macht. Eine Sitzecke mit einer Bauernbank und einem Bauernstuhl lädt zum Frühstücken ein. Frau Benkhoff erzählt von ihren letzten Filmarbeiten. In dem Farbfilm "Der Bettelstudent" hat sie die Rolle der bezaubernden Mutter gespielt und in dem Film "Wenn wir alle Engel wären" die intrigante Tante. "Aber ich wünschte mir nun wieder einmal ein paar Rollen, in denen ich wie im "Biberpelz" unter Erich Engel nicht bloß komisch sein darf."