Jan auf der Zille
Kindheit in schwerer Zeit
Innerhalb der kontinuierlichen Babelsberger Kinderfilmproduktion, die mit vier neuen Arbeiten pro Jahr ein Viertel der gesamten DEFA-Kinospielfilme stellt, hat sich seit einiger Zeit eine neue Kategorie zwischen Kinder- und Erwachsenenfilm herausgebildet, die man gern als Familienfilm deklariert. Vorläufer dieser Art waren Jürgen Brauers Bettina-von-Arnim-Verfilmung "Gritta von Rattenzuhausbeiuns" (1985) und "Sabine Kleist, 7 Jahre" (1982) von Helmut Dziuba, der jetzt mit "Jan auf der Zille" seine bisher beste Arbeit geliefert hat. Die Qualitäten dieses Regisseurs, der sich stets Kinder- und Jugendstoffen angenommen hat, war zuletzt wieder bei "Erscheinen Pflicht" (1984) deutlich geworden, einer Produktion, die aus unsinnigen politischen Überlegungen irgendeiner anonymen Stelle zu Unrecht ins Kino-Abseits gedrängt wurde.
Jetzt hat Dziuba, Jahrgang 1933, Absolvent der Moskauer Filmhochschule, nach vielen Gegenwartsstoffen an die gute Babelsberger Tradition antifaschistischer Thematik angeknüpft. (…) Jan auf der Zille erstand nach Motiven der gleichnamigen Erzählung von Auguste Lazar. Geschrieben wurde sie unter dem unmittelbaren Eindruck der über Deutschland hereingebrochenen braunen Diktatur, noch bevor die Autorin 1939 nach England emigrierte; als Buch erscheinen konnte sie erst 1950 in der DDR, nachdem Auguste Lazar aus dem Exil nach Dresden zurückgekehrt war. Hier starb die Schriftstellerin 1970. 83 Jahre alt. (…)
Selten ist die Atmosphäre der Furcht und Bedrohung unter den Nazis bei aller Zurückhaltung so eindrucksvoll vermittelt worden wie hier. Selten auch sah man das Milieu jener Zeit filmisch bis ins Detail so stimmig und echt dargestellt. Ebenso überzeugend die psychologische Genauigkeit, mit der Helmut Dziuba und sein Drehbuch-Koautor Hans Albert Pederzani ihre Geschichte erzählen: sparsam mit Worten, fest vertrauend auf bloße Blicke und Gesten. (…)
"Jan auf der Zille" ist ein Film ohne Schwachstellen – wann läßt sich das schon einmal sagen: eine der besten DEFA-Arbeiten seit langem. Sie komplettiert eine Trilogie historischer Kinderfilme in Dziubas Werk. Vorangegangen waren zwei Filme über Erlebnisse Heranwachsender in der Weimarer Republik: "Rotschlipse" zeigte Mitglieder der kommunistischen Kinderorganisation Junge Pioniere in ersten Auseinandersetzungen mit den Nazis; "Als Unku Edes Freundin war" – auch in unsere Kinos gelangt – erzählte von der nicht unkomplizierten Freundschaft eines Arbeiterjungen mit einem Sinti-Mädchen.