Nach fünf im Urwald

Deutschland 1995 Spielfilm

Nach fünf im Urwald


Frauke Hartmann, epd Film, Nr. 4, April 1996

Warum soll man nach fünf nicht in den Urwald gehen? Die Antwort wird nicht verraten, weil sie der running gag in Hans-Christian Schmids witziger Generationsstudie "Nach fünf im Urwald" ist. Anna ist 17 und mit allen Problemen geschlagen, die ein Teenager so haben kann (bis auf fettige Haare und Pickel). Sie lebt in einer Kleinstadt, in der ihr Vater, ein biederer Altlinker, Bürgermeister werden will. Ihre kleine Schwester ist viel schlauer als sie, und Mutter versteht sich hauptsächlich als Stütze des Vaters.

Anna ist umgeben von Spießern, denen Stallhasen und Gartenzwerge das Liebste sind: von potentiellen Wählern ihres alten Herrn. Sie selbst sieht mit ihrem ruhigen, verschlossenen Gesicht, der glatten Mittelscheitelfrisur und dem karierten Trägerkleidchen so unschuldig aus wie ein H&M-Reklame-Girl und die junge Joan Baez in Personalunion, obwohl sie viel lieber wie Janis Joplin wäre. Aber selbst mit einer runden Nickelbrille auf der Nase bestreitet Annas beste Freundin jede Ähnlichkeit: "Janis sah viel abgefuckter aus."

Dieses vernichtende Urteil hält Anna jedoch nicht davon ab, mit ihrer Gitarre unter dem Arm nach München abzuhauen, um als Janis-Joplin-Double bei einem Casting für einen Werbespot mitzumachen. Natürlich kommt nichts dabei heraus, außer, dass der Produktionsassistent Nick sie flachlegen will. Und nicht nur der. Aber abgesehen von Annas Erfahrungen mit verschiedenen Blendern und Hohlköpfen in der Großstadt, die gar nicht so furchtbar aufregend sind und sie unbeschädigt und vielleicht etwas klüger zurückkehren lassen, spielt sich der eigentliche Film bei ihren Eltern ab.

Die stoßen auf der Suche nach Anna in einer Münchner-Szene-Disco unter hämmernden Techno-Klängen auf andere Suchende, die Eltern von Simon, der kurz vor der Fahrprüfung mit deren Auto durchgebrannt ist. Mit diesen fahren sie zurück und machen die Nacht in Erinnerung an die eigenen Schandtaten durch: bei einem Gelage mit Haschisch, viel Alkohol, Eifersuchtsszenen und einem toten Kaninchen. Als Anna am nächsten Morgen mit Simon zurückkehrt, interessiert das keinen Menschen mehr.

Simon, Annas stotternder Tanzstundenverehrer, der ihr beim Stolpern die Halskette demoliert, und sie zum Casting nach München kutschiert, hat laut Regisseur und Drehbuchautor Schmid (Jahrgang 65) manches mit seinen eigenen Jugenderinnerungen gemein. Kein Zweifel: Sonst wäre es ihm wohl schwerlich gelungen, diesen klassischen Plot vor dem Hau-ruck-Humor deutscher Beziehungskomödien zu bewahren. Schmids sehr genaue Beobachtungen über die niemals endenden Leiden des Erwachsenwerdens, die ihre Komik gerade aus der Ernsthaftigkeit gewinnen, brachten ihm schon bei der Hofer Filmwoche hohes Lob. Dazu trugen auch die einsatzbereiten Jungproduzenten, Jakob Claussen und Thomas Wöbke, sowie die Spielfreude der Nachwuchsdarsteller bei. Franka Potente wurde für die Rolle der Anna mit dem Bayrischen Filmpreis ausgezeichnet.

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