Die Finanzen des Großherzogs

Deutschland 1923/1924 Spielfilm

Die Finanzen des Großherzogs


M–s., Film-Kurier, Nr. 7, 8.1.1924


Die Gestalt des Aventuriers ist unsterblich, weil sich in ihr die latente Sehnsucht derer, die selbst nicht imstande sind, Abenteuer zu erleben, ein Ventil geschaffen hat. Der Abenteurer, den die Dichter von heute schildern, führt allerdings weder das Ritterschwert, noch den Galanteriebogen, er zieht nicht mehr durch die Welt, um sie von Unholden zu befreien, sondern er trägt Smoking und Monokel, seine Lippen umspielt meist ein blasiert zynisches Lächeln, er bekennt sich zu einer Ethik, die sich jenseits von Gut und Böse stellt und nähert sich nicht selten jener Kategorie, die der Volksmund von heute schlicht und treuherzig als "Schieber" bezeichnet. Aber schaut man näher hin, so ist es noch immer der Ritter Amadis des alten Heldenromans, der Ritter ohne Furcht und Tadel, der den Guten beisteht und dazu hilft, die Schlechten in die Hölle zu befördern.

Dieser Art ist Philipp Collins, der durch einige Romane des geistreichen Schweden #Frank Heller schreitet; vielleicht die prägnanteste Gestaltung, die der moderne Abenteurertyp in der Literatur gefunden hat. Eigentlich ist es erstaunlich, daß sich der Film erst verhältnismäßig spät seiner bemächtigt hat, denn diese Gestalt, deren Wesen auf innere und äußere Bewegung gestellt ist, dieser Mensch, der ständig zum Augenblicke sagen möchte: "Verweile doch, du bist so schön," um doch à tempo wieder neuen Emotionen nachzujagen, schreit förmlich nach der spezifischen, künstlerischen Ausdrucksform unserer Zeit, die den Menschen eben in der Bewegung festhält.

Aus dem Roman "Die Finanzen des Großherzogs" hat Thea v. Harbou das Szenarium geschaffen und F. W. Murnau hat dem Stoff die endgültige künstlerische Formung gegeben.


Schon seit Monaten war man gespannt, wie Murnau, der Grübler und Sinnierer diesen auf federnde Grazie gestellten Stoff bewältigen würde. Und siehe da, das Experiment – denn als solches war es anzusehen – ist überraschend geglückt. Der Problematiker erweist sich als Causeur, der sich auf das Parlando einer flüssigen Konzentration versteht. Ja, das ist es, diese Szenen sind hingeplaudert mit der Geste eines Menschen, der die Gabe hat, die Dinge dieser Welt auch einmal von der leichten Seite zu nehmen, der es vermag im Bilde zu ironisieren. Nur die Eingangsszenen lasten ein wenig im Tempo.

Darstellerisch dominiert Abel. Sein Philipp Collins ist ein Eulenspiegel des zwanzigsten Jahrhunderts, der Schalksnarr mit dem Lächeln des Ironikers um den Lippen. Leider steht er infolge der Anlage des Manuskripts weniger im Vordergrund als es im Interesse der Gesamtwirkung angemessen gewesen wäre. Neben ihm ist der Gauner Markowitz des verstorbenen Guido Herzfeld die stärkste Leistung: die – menschgewordene Schäbigkeit in jedem Zuge. Eine Gestalt, die ein wenig in die Balzac-Welt hineinragt. Harry Liedtke als Großherzog wirkt bestimmter als sonst, weil sein liebenswürdiges Naturell mehr als in früheren Filmen in den Gesamtorganismus eingeordnet ist. Mady Christians ist am stärksten, wenn sie in der Vermummung als Vogelscheuche einherschreitet. In ihr steckt eine parodistische Begabung, die gepflegt zu werden verdient. Als junge Großfürstin ist sie wie immer von einer unpersönlichen Anmut, in der die persönliche Note der meisten Filmdiven besteht. Adolf Engers trifft gut die Ratlosigkeit des Finanzministers, Vallentin die Brutalität und plebejische Gemeinheit des Finanziers der Revolution. Ausgezeichnet in ihrer realistischen Phantastik sind die Gestalten der drei Verschwörer gesehen. (...)

Rechtsstatus