Werner - das muß kesseln!!!
Werner - Das muß kesseln !!!
Daniel Kothenschulte, film-dienst, Nr.14, 02.07.1996
Wenn man über einen Witz nicht lachen kann, stellt sich die Frage, wer denn nun humorlos sei - der Witzeerzähler oder man selbst. Wenn aber in einem Kino nahezu jeder Scherz einer Komödie in Grabesstille verhallt, stimmt etwas nicht. Entweder mit der Komödie oder dem Publikum. Will man "Werner - das muß kesseln!!!"
Gerechtigkeit widerfahren lassen, sollte man ihn eigentlich erst in Gegenwart seines Zielpublikums endgültig beurteilen. Fest steht jedenfalls, daß der Humor dieses Films sehr spezieller Natur ist. In seinem zweiten Filmauftritt ist der norddeutsche Biker und "Bölkstoff-Konsument, der Liebhaber von "Flaschbier" und einer gemütlichen "Tass Kaff", zur Wettfahrt angetreten. Sein arroganter Nachbar "Nobelschröder", Besitzer eines Gourmet-Tempels und Bentley-Fahrer, läßt ihn zunächst mit dem Schneeschlitten ausrutschen und gleich darauf auch in der Gunst einer hübschen Schlittschuhläuferin das Nachsehen haben. Zur Revanche aber beschließen Werner und sein Freund Andi, sich an den Bau eines neuartigen Fahrzeugs zu begeben - eines Motorrads mit Flugzeugmotor. Treibstoff ist eine spezielle und alles andere als ungefährliche Metül-Mischung, die schon bei der ersten Erprobung im eigenen Motorrad ordentlich Eindruck schindet. Zumindest auf die leicht vertrottelten Ordnungshüter, oder, um im Werner-Jargon zu bleiben, die "Bullerei". Sie hat man ohnehin seit langem zum Feind.
Leider steht das neuerliche Wettrennen unter keinem guten Stern: Werners und Andis geliebtes Schweinchen Borsti ist der Wetteinsatz, und Gourmet Nobelschröder hat bereits zum Festmahl geladen. Wenn es letztlich doch gelingt, über die Konkurrenz zu triumphieren, so unter geschickter Anwendung der Relativitätstheorie - und mit einigen Umwegen durch den Weltraum.
Jeder Scherz dieses Films, sein polterndes Timing, die ohrenbetäubende Tonmischung und eine seltsam hausgemachte Heavy-Metal-Untermalung zielen auf ein vollbesetztes Kino eingeschworener Werner-Fans. Dennoch kann man seinen Stil kaum mit anderen auf ein ähnlich einzugrenzendes Publikum konzipierten Komödien vergleichen, den Helge-Schneider-Filmen etwa in all ihrem Dilettantismus. Co-Regisseur und Animator Michael Schaack hat sich unendlich viel Mühe gegeben, Brösels weder anatomisch noch perspektivisch korrekte Zeichnungen mit ihrer Liebe zum Absurden in den Trickfilm zu übersetzen.
In den besten Momenten führt dies sogar zu einer Wiederentdeckung der anarchischen Fantasie des frühen Animationsfilms, etwa wenn die Bauteile eines Autos ihr Eigenleben entfalten (was wunderbar die fetischhafte Liebe widerspiegelt, die ihnen von Werner und Andi entgegengebracht wird); oder wenn nach dem Durchbrechen einer Wand die Buchstaben "TÜR" zu lesen sind. Dieser Film ist mit solch imponierender Konsequenz um Anarchie bemüht, daß man ihm seine chaotische und langweilige Erzählstruktur nachsehen möchte.
Gerade der wirre Stil erscheint dem Geist der Comic-Vorlage seelenverwandt. Gelohnt aber hätte sich alle aufgebotene Liebesmüh erst, wenn er auch komisch geworden wäre: Wie hinreißend kann anarchischer Humor sein, bei Tex Avery, den Marx Brothers, oder, in anderen Wertmaßstäben gemessen, sogar bei Detlev Buck. Nichts davon ist hier erreicht. So sehr man das Wagnis einer Abkehr von den gewohnten Pfaden des Trickfilms bei solch handwerklicher Virtuosität gerade in Deutschland goutieren muß, so sehr muß man dieses Scheitern beklagen. Es ist zu hoffen, daß wenigstens die Fans des Comics diese "volle Dröhnung" genießen können.