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Verfilmung des gleichnamigen Romans von Michael Kumpfmüller. Im Sommer 1923 reist der an Tuberkulose schwer erkrankte Schriftsteller Franz Kafka zur Erholung an die Ostsee. Dort lernt er am Strand die 25-jährige Erzieherin Dora Diamant kennen, die eine Gruppe jüdischer Kinder auf einer Ferienreise begleitet. Später wird Kafka schreiben, dass die junge Frau ihn "auf verstörende Weise berührt" – sie wird zur späten Liebe seines Lebens. Gemeinsam ziehen die beiden nach Berlin, wo Franz Kafka mit Dora Diamant sein letztes Lebensjahr verbringt, denn sein Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends.
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Ganz so jung, wie er auf den ersten Blick erscheint zumal in der Verkörperung durch Sabin Tambrea, ist dieser vierzig Jahre zuvor in Prag geborene Dr. jur. Franz Kafka nicht, der sich freundlich lächelnd den Kindern zuwendet und auf ihre Bitten hin die Fabel von der kleinen Maus erzählt. Und schon ‘mal einen Blick auf die in einiger Entfernung zuschauende Dora wirft. Die 25-Jährige stammt aus einer jüdisch-orthodoxen, in Pabianice bei Łódź lebenden Familie und ist vor ihrem konservativen Vater nach Deutschland geflohen, um berufstätig sein und sich bei den Sozialisten politisch engagieren zu können.
Anderntags sieht Franz einer Probe zu: Dora und eine Kollegin üben am Strand für eine Aufführung zum Shabbat-Fest im Heim, zu dem ihn die Kinder eingeladen haben. Als sich an diesem Abend das Missverständnis, Kafka lebe mit seiner Gattin und Kindern in der Pension Möwe zusammen, auflöst, gibt Dora ihren Gefühlen für diesen eleganten, gebildeten, aber arg blassen Menschen nach: bei Elli Hermann handelt es sich um seine Schwester, die sich im Auftrag des strengen Vaters um den an Lungentuberkulose erkrankten kleinen Bruder kümmert.
Ein waghalsiger Motorradritt nach Rostock, wo Dora ihre Aufenthaltserlaubnis verlängern muss, wird zu einer Fahrt ins Glück: Letztere lässt sich durch seine körperliche Schwäche nicht entmutigen, drückt ihm den ersten Kuss auf die Wange. Und Franz beschließt, ihr nach Berlin zu folgen. Was sein strenger Vater Hermann, Galanteriewaren-Grossist in Prag, zunächst mit Ellis Hilfe verhindert. Doch mit Hilfe seines besten Freundes Max Brod kann Franz bald eine kleine möblierte Wohnung in Steglitz beziehen.
Dem für ihn schädlichen Qualm des Kanonenofens entflieht Franz, häufig in Begleitung Doras, ins feuchte Klima des Mittelmeerhauses im Dahlemer Botanischen Garten. Er hadert mit der materiellen Abhängigkeit vom Vater und mit seiner beruflichen Situation, verbrennt Gedichte, „die nichts taugen“, und andere Schriften im Ofen. Und ist sich über die Unheilbarkeit seiner Krankheit im Klaren, will Dora durch Heirat versorgt wissen. Doch die Zustimmung beider Eltern ist nicht zu erreichen.
Franz träumt davon, dass sein Krankenbett, das inzwischen im Sanatorium Hoffmann in Klosterneuburg vor den Toren Wiens steht, an den Strand des baltischen Meeres verlegt wird. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Seine Tuberkulose hat auf den Kehlkopf übergegriffen, er kann sich mit Dora, die bei ihm bleiben darf, und dem medizinischen Personal nur schriftlich verständigen. Seinen letzten Wunsch, ein Besuch beim Heurigen im Wienerwald, kann im Dora noch erfüllen. Seinem Vermächtnis aber verweigert sich Max Brod zum Glück: statt alle Manuskripte zu vernichten, wird er zum Herausgeber und unermüdlichen Promotor des zu Lebzeiten noch wenig bekannten Schriftstellers…
Nach dem gleichnamigen Roman von Michael Kumpfmüller haben uns Michael Gutmann , Judith Kaufmann und Georg Maas mit „Die Herrlichkeit des Lebens“ im Vorfeld des 100. Todestags Franz Kafkas beschenkt. Mit der sehr zurückhaltend erzählten Geschichte einer großen, berührenden und nach nur knapp einem Jahr tragisch endenden Liebe gegen alle äußeren Widerstände. Wobei unter Zurückhaltung nicht Distanz gemeint ist: Sabin Tambrea und Henriette Confurius verkörpern ihre Figuren mit einer großen Unmittelbarkeit und Direktheit. Ihre unspektakuläre Selbstverständlichkeit gibt dem Film eine Lockerheit und geradezu schwebende Leichtigkeit.
Und das vor dem durchaus einbezogenen Hintergrund der Jahre 1923 und 1924, die geprägt waren von einer bald weltweiten Wirtschaftskrise mit der Folge von Armut, Inflation und politischer Radikalisierung. Dennoch, und das macht sich im Szenenbild und in den Kostümen bemerkbar, geht es vor allem um die Zeitlosigkeit dieser besonderen, nicht als gemeinhin bekannt geltenden Liebesgeschichte: Henriette Confurius und Sabin Tambrea agieren als liebende und leidende, fröhliche und verzweifelte Menschen - und nicht als historische Figuren der Zeitgeschichte.
Was zum einen zur Lebendigkeit des in Berlin, Wien und in Mecklenburg-Vorpommern (Halbinsel Wustrow und Gut Belitz bei Rostock) gedrehten Films beiträgt. Und zum anderen der Tatsache geschuldet ist, dass der heute weltberühmte Autor Franz Kafka in der Zeit, in der der Film spielt, weitgehend unbekannt gewesen ist. Auch Dora Diamant hat seine wenigen bis zu seinem Tod veröffentlichten Schriften nicht gekannt. Sondern ihn, ganz im Gegensatz zu Kafkas heutigem, posthumen und ganz von seinem literarischen Werk geprägten Image, als liebevollen, zärtlichen und bei allem Wissen um sein nahes Ende humorvollen Menschen kennengelernt.
Pitt Herrmann