Made in Germany und USA

BR Deutschland 1974 Spielfilm

Made in Germany und USA


Christa Maerker, film-dienst, Nr. 16, 06.08.1974

Mit "Made in Germany und USA" knüpft Rudolf Thomé an die Inhalte seiner ersten Kurzfilme an; damals, vor 10 Jahren, beobachtete er Konflikte, die sich aus dem Zusammenleben von Menschen, aus der Betonung von Gefühlen, aus Unverständnis, Mißverständnissen und Entfremdung ergaben. Bevor er sich wieder ausführlicher mit diesem Sujet beschäftigte, hatte er Filme gedreht, die weniger Wirklichkeit dokumentierten und sich irgendwo zwischen Fiktion und erzählter Realität ansiedeln lassen, u. a. die Spielfilme "Detektive" (fd 16198) und "Rote Sonne" (fd 17237). In seinem jüngsten Film nun beobachtet Thomé eine Ehe, holt zwei Menschen unter ein Mikroskop und verfolgt ihre Entwicklung. Die Story ist schnell erzählt: Karl fühlt sich von Liesel betrogen, nicht einmal im konventionellen Sinne, wie er zu formulieren versucht. Es stört ihn, daß er den Mann, mit dem sie viel Zeit verbringt, nicht akzeptieren kann, es stört ihn, daß Karin ihm und sich damit Zeit wegnimmt. Er verläßt sie, fährt nach New York, pendelt zwischen Freunden und Bekannten hin und her und plant in aller Naivität einen "neuen Anfang". Liesel folgt ihm, um ihn zurückzuholen. Auf einer gemeinsamen Reise nach New Orleans kommen sie sich ein wenig näher, aber eine Entscheidung fällt nicht.

Thomé versetzt den Zuschauer in die Situation eines Augenzeugen, der in die Auseinandersetzungen hineingezogen wird, die so konkret sind wie alle die, welche man aus eigener Erfahrung kennt: das ist peinlich, erheiternd, bedrückend, provozierend, ein Geduldsspiel, das alle Bequemlichkeit, die Filme sonst zulassen beim Betrachten, ausschließt. Es gab kein Drehbuch als Grundlage, nur die vorher abgeklärte Situation, die, immer neu durch Dialoge fixiert, zum Gradmesser des Bewußtseinsstands der beiden wird. Wenn sie miteinander reden, ängstlich, verunsichert, mißtrauisch einander umkreisend, wenn die Kamera bei ihnen bleibt, auch da noch, wo sonst Licht und Ton abgeschaltet werden würden, dann entsteht für den Zuschauer ein Bild, das durch den Gehalt an Wahrheit, Wirklichkeit und nicht beeinflußtem Verhalten besticht. Da sind zwei, die – das ergab die Situation während der Dreharbeiten – sich vorsichtig aufeinanderzutasten, zwei "Spieler" (Karin Thomé hat bereits Filmerfahrung, Eberhard Klasse dagegen nicht), die in die Personen ihrer Rolle gleiten und ungehindert ihre eigenen Erfahrungen mit unterbringen können. Da sie ständig fast unvorbereitet, spontan auf Sätze reagieren müssen, die der Partner anbietet, sieht man wirklich, wie sie sich mehr und mehr Klarheit über sich selbst verschaffen: zwei Spieler über ihre Rollen, zwei Rollenträger über das Gespielte. Sie repräsentieren genau die Unsicherheit, die die Dreißigjährigen heute prägt: Die Verwirrung über den Bruch zwischen Theorie und Praxis, zwischen Wissen und Gefühl, Erwartung und tatsächlicher Erfüllung. Sie verwickeln sich in die Widersprüche, die sich aus der Trotzhaltung ergeben, auch dann noch eine Ehe, eine feste Zweierbeziehung zu wagen, wenn man ihr eigentlich von vorneherein keine große Chance gibt. Ihr Kind muß als Argument ausreichen. Die vehementen Reaktionen auf diesen Film, zwischen völliger Ablehnung und völligem Akzeptieren, dürften als Beweis ausreichen, daß er allen unter die Haut geht.

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