Inhalt
1942. Gilles, ein junger Belgier, wird zusammen mit anderen Juden von der SS verhaftet und in ein Konzentrationslager nach Deutschland gebracht. Er entgeht der Exekution, indem er schwört, kein Jude, sondern Perser zu sein – eine Lüge, die ihn zunächst rettet. Doch dann wird Gilles mit einer unmöglichen Mission beauftragt: Er soll Farsi unterrichten. Offizier Koch, Leiter der Lagerküche, träumt nämlich davon, nach Kriegsende ein Restaurant im Iran zu eröffnen. Wort für Wort muss Gilles eine Sprache erfinden, die er nicht beherrscht. Als in der besonderen Beziehung zwischen den beiden Männern Eifersucht und Misstrauen aufkommen, wird Gilles schmerzhaft bewusst, dass jeder Fehltritt ihn auffliegen lassen könnte.
Gekonnt und mit sicherer Hand führt Regisseur Vadim Perelman bei diesem spannungsreichen Drama Regie. Ihm gelingt eine Meisterleistung: "Persischstunden" hält die feine Balance zwischen einer respektvollen Darstellung der Schrecken der Shoah und einem Sinn für Ironie, der ein Schlüssel zum Überleben in irrsinnigen Zeiten sein mag.
Quelle: 70. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
In „Erfindung einer Sprache“, basierend auf einer wahren Begebenheit, ist es ein holländischer Physikstudent, der einem Kapo, so wurden die Hilfspolizisten in Konzentrationslagern genannt, Persisch-Lektionen erteilt und so überlebt. Nach einer Hörspiel-Fassung von Barbara Meerkötter 2008 für den Südwestfunk nun die Leinwand-Adaption von Ilya Zofin und Vadim Perelman: Authentizität genoss oberste Priorität bei den Dreharbeiten im Winter 2018/19 im belarussischen Minsk, für das Lager stand das KZ Natzweiler-Struthof im Nordosten Frankreichs Pate. Die beiden Protagonisten-Rollen sind ideal besetzt mit dem mehrsprachigen, 1986 in Buenos-Aires geborenen Nahuel Pérez Biscayart („Becks letzter Sommer“, „Vor der Morgenröte“), der gerade bei den Salzburger Festspielen im neuen Handke-Stück beeindruckte, und dem deutschen Ausnahme-Schauspieler auf Leinwand, Bildschirm und Berliner Schaubühnen-Brettern Lars Eidinger, der auf der 70. Berlinale auch im Film „Schwesterlein“ von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond an der Seite von Nina Hoss gefeiert wurde, welcher am 29. Oktober 2020 in unsere Kinos kommt.
Vadim Perelman: „Die Erinnerung ist eines der wichtigsten Themenstellungen im Film wie auch der menschliche Einfallsreichtum. Wie menschliche Erfindungsgabe und menschlicher Geist beim Überleben helfen, das ist wirklich unglaublich. Ich denke, das ist schon im Drehbuch zu spüren. Es ist doch unfassbar in dieser Geschichte, wie Gilles die Namen von Gefangenen in eine fremde Sprache transformiert und sie damit unsterblich macht. Während des Krieges gab es so viele Menschen, die, ohne Spuren zu hinterlassen, von der Bildfläche verschwanden und unbekannt blieben, weil die zur Aufklärung notwendigen Archive und Auflistungen in den Lagern von den Nazis verbrannt wurden.“
Pitt Herrmann