Je suis Karl

Deutschland Tschechien 2019-2021 Spielfilm

Inhalt

Irgendwo in Berlin. Nicht irgendwann – heute. Ein Postbote bringt ein Paket, kurz danach ist alles anders. Ein Terroranschlag trifft eine Familie ins Mark. Maxi, die ihre Mutter, die Brüder und ihr Zuhause verloren hat, ist tief verunsichert, versucht aber nach vorne zu schauen. Doch nichts scheint zu funktionieren. Ihr Vater, Alex, ist genauso traumatisiert wie sie. Die Gewissheiten der Vergangenheit sind zerstört und die Trauer verdunkelt alles. Da tut es gut, einen anderen jungen Menschen zu treffen: Karl, der Maxi aus ihrer Lähmung befreit und sie auffordert, die Angst zu besiegen. Er hat ein Treffen europäischer Student*innen organisiert, die gemeinsam nach Lösungen für die katastrophale Lage des Kontinents suchen. Die Aufgabe, die er Maxi dabei zuweist, könnte den Ausschlag für das Gelingen eines großen Plans geben. Maxi tanzt mit Karl auf Messers Schneide. Heute in Berlin, morgen in Prag, bald in Straßburg und schließlich in ganz Europa. "Je suis Karl" – eine Machtergreifung.  

Quelle: 71. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)

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Heinz17herne
Heinz17herne
Berlin-Friedrichshain. Frisch renovierter Altbau im angesagten, den Prenzlauer Berg längst abgehängten Szeneviertel der Hauptstadt. Auf dem Balkon weht naturgemäß die Regenbogenfahne. Alex Baier nimmt ein Paket für die Nachbarin in Empfang, stellt es in den Flur seiner Wohnung und verlässt diese rasch, um einzukaufen. Kaum hat er das Haus verlassen, wird er von einer enormen Druckwelle auf die Straße geschleudert. Als sich die Qualmwolken langsam auflösen, begreift Alex mit Blick auf den gewaltigen Bombentrichter, dass von seiner Wohnung und damit von seiner Familie nichts mehr übriggeblieben ist.

Bis auf seine 18-jährige Tochter Maxi, die, unterstützt von der Familie ihrer französischen Mutter Inès, in Paris studiert. Nun ist sie ebenso einem, wie die Polizei vermutet, islamistischen Anschlag zum Opfer gefallen wir ihre beiden kleinen Geschwister: Mit ohnmächtiger Wut begegnet Maxi ihrem hilflos-trauernden, offenbar traumatisierten Vater, als er sie vom Bahnhof abholt. Sprachlosigkeit herrscht zwischen beiden in der leeren Ersatzwohnung, Maxi will so schnell wie möglich wieder in die Seine-Metropole zurückkehren.

Bald ist der Ort des offenbar terroristischen Anschlags nicht nur von Blumen, Teddybären und Beileidsbekundungen übersät, sondern auch von einer nach exklusiven Bildern gierenden Journalistenmeute umlagert. Ein um wenige Jahre älterer, empathischer junger Mann, hängt ihr seine Kapuzenjacke über, damit Maxi unerkannt am Ort des Geschehens trauern kann: Karl ist so verständnisvoll wie charmant – und dabei äußerst gutaussehend. Er hilft ihr, auf andere Gedanken zu kommen – und lädt sie zu einer Sommerakademie mit Studenten aus ganz Europa nach Prag ein. „Wir sind das neue Europa“ lautet das Motto einer sich „Re/Genreration Europe“ nennenden Organisation, deren Internetauftritt Maxi durchaus zusagt.

Nach der Beerdigung ihrer Mutter und ihrer Brüder reist Maxi zum Kongress nach Prag, auf dem Vorschläge zur Verbesserung der katastrophalen Lage Europas diskutiert werden sollen. In dem ganzen Tohuwabohu mit Ansprachen, Aufrufen und viel Live-Musik fällt kaum ins Gewicht, dass irgendein verwirrtes Gemüt „Sieg Heil!“ ruft und von Ordnern sogleich aus dem Gebäude geführt wird. Wie sich zu ihrer Verwunderung, bald aber auch zu ihrer Freude herausstellt, ist Karl nicht nur ein einfacher Teilnehmer, sondern ein geradezu angehimmelter charismatischer Redner.

Der noch während des Kongresses nach Straßburg reisen will, um die französische Rechtspopulistin Odile Leconte zu unterstützen. Spätestens jetzt hätte Maxi aufgehen müssen, mit welchen Leuten sie sich eingelassen hat – aber ihr liebender Blick auf Karl hat sie blind gemacht etwa für die rassistischen Fake-Spots der selbsternannten „Töchter Europas“. Dabei ist sie in einem linksliberalen Milieu aufgewachsen, hat mitbekommen, wie ihre Mutter Inès den jungen Libyer Yusuf Alkadi in ihrem Auto über die Grenze nach Deutschland geschmuggelt und ganz selbstverständlich auch weiterhin unterstützt hat. Nun ist Maxi mittendrin in einer publicityträchtigen Aktion, die der französischen Rechten großen Zulauf bringen soll. Chauffiert von Yusuf eilt ihr Vater Alex Baier ins Elsass, um sie im letzten Moment aus der Schusslinie zu holen – im wahren Wortsinn…

„Je suis Karl“, der Titel nimmt Bezug auf das islamistische Attentat auf die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und die darauffolgende Solidaritätsbekundung unter dem Bekenntnis „Je suis Charlie“, erzählt vom persönlichen Schmerz einer bisher sehr behüteten jungen Frau und von der Gefahr, über diesen Schmerz radikale Tendenzen manipulativer „Freunde“ zu übersehen. Christian Schwochows erschütterndes Familiendrama ist zugleich eine leider sehr realistische Gesellschaftsstudie – und am Ende nach gut zwei Stunden ein packender Polit-Thriller. Thomas Wendrichs Drehbuch, in der Entstehung beglaubigt vom Attentat auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz 2016, entlarvt wie Christian Schwochos Regie den neuen „Look“ junger Rechter, die sich in Auftreten und Strategie viel abgeguckt haben vom internationalistischen Lifestyle der Linken.

Pitt Herrmann
Heinz17herne
Free TV Premiere
24. März 2023 Arte

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Continuity

Drehbuch

Kamera

Kameraführung

Farbkorrektur

Visuelle Effekte

Standfotos

Kamera-Bühne

Art Director

Szenenbild

Schnitt

Schnitt-Assistenz

Casting

Darsteller

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • 25.09.2019 - 23.11.2019: Köln, Bochum, Düsseldorf und Prag
Länge:
126 min
Format:
DCP 2K, 1:2,39 (Cinemascope)
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 27.05.2021, 206283, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Voraufführung (DE): 01.03.2021 - 05.03.2021, IFF Berlin - Industry Event - Berlinale Special, VoD;
Uraufführung (DE): 19.06.2021, Berlin, IFF Summer Special - Berlinale Special, Freiluftkino Friedrichshain;
Kinostart (DE): 16.09.2021

Titel

  • Originaltitel (DE) Je suis Karl

Fassungen

Original

Länge:
126 min
Format:
DCP 2K, 1:2,39 (Cinemascope)
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 27.05.2021, 206283, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Voraufführung (DE): 01.03.2021 - 05.03.2021, IFF Berlin - Industry Event - Berlinale Special, VoD;
Uraufführung (DE): 19.06.2021, Berlin, IFF Summer Special - Berlinale Special, Freiluftkino Friedrichshain;
Kinostart (DE): 16.09.2021

Auszeichnungen

Günter Rohrbach Filmpreis 2021
  • Preis des Saarländischen Rundfunks
FBW 2021
  • Prädikat: besonders wertvoll