Summary
Somewhere in Berlin. But not just any time, this is here and now. A postman delivers a parcel and, soon afterwards, everything changes. A terrorist attack rocks a family to the core. Maxi – who loses her mother, her brothers and her home – tries to look forward, but is still deeply insecure. Nothing seems to work. Her father Alex is as traumatised as she is. The certainties of the past have been wiped out and the grief that comes with their loss obscures everything. Meeting another young person seems to help Maxi. Karl liberates her from her paralysis and urges her to conquer her fear. He has organised a meeting of European students who are looking for solutions to the catastrophic situation on the continent. The task he assigns Maxi could be the deciding factor in the success of a grand plan. By joining forces with Karl, Maxi is dancing on a knife edge: today in Berlin, tomorrow in Prague, soon in Strasbourg and eventually all over Europe. "Je suis Karl" – a political takeover.
Source: 71. Internationale Filmfestspiele Berlin (Catalogue)
Comments
You have seen this movie? We are looking forward to your comment!
Login or register now to write a comment.
Bis auf seine 18-jährige Tochter Maxi, die, unterstützt von der Familie ihrer französischen Mutter Inès, in Paris studiert. Nun ist sie ebenso einem, wie die Polizei vermutet, islamistischen Anschlag zum Opfer gefallen wir ihre beiden kleinen Geschwister: Mit ohnmächtiger Wut begegnet Maxi ihrem hilflos-trauernden, offenbar traumatisierten Vater, als er sie vom Bahnhof abholt. Sprachlosigkeit herrscht zwischen beiden in der leeren Ersatzwohnung, Maxi will so schnell wie möglich wieder in die Seine-Metropole zurückkehren.
Bald ist der Ort des offenbar terroristischen Anschlags nicht nur von Blumen, Teddybären und Beileidsbekundungen übersät, sondern auch von einer nach exklusiven Bildern gierenden Journalistenmeute umlagert. Ein um wenige Jahre älterer, empathischer junger Mann, hängt ihr seine Kapuzenjacke über, damit Maxi unerkannt am Ort des Geschehens trauern kann: Karl ist so verständnisvoll wie charmant – und dabei äußerst gutaussehend. Er hilft ihr, auf andere Gedanken zu kommen – und lädt sie zu einer Sommerakademie mit Studenten aus ganz Europa nach Prag ein. „Wir sind das neue Europa“ lautet das Motto einer sich „Re/Genreration Europe“ nennenden Organisation, deren Internetauftritt Maxi durchaus zusagt.
Nach der Beerdigung ihrer Mutter und ihrer Brüder reist Maxi zum Kongress nach Prag, auf dem Vorschläge zur Verbesserung der katastrophalen Lage Europas diskutiert werden sollen. In dem ganzen Tohuwabohu mit Ansprachen, Aufrufen und viel Live-Musik fällt kaum ins Gewicht, dass irgendein verwirrtes Gemüt „Sieg Heil!“ ruft und von Ordnern sogleich aus dem Gebäude geführt wird. Wie sich zu ihrer Verwunderung, bald aber auch zu ihrer Freude herausstellt, ist Karl nicht nur ein einfacher Teilnehmer, sondern ein geradezu angehimmelter charismatischer Redner.
Der noch während des Kongresses nach Straßburg reisen will, um die französische Rechtspopulistin Odile Leconte zu unterstützen. Spätestens jetzt hätte Maxi aufgehen müssen, mit welchen Leuten sie sich eingelassen hat – aber ihr liebender Blick auf Karl hat sie blind gemacht etwa für die rassistischen Fake-Spots der selbsternannten „Töchter Europas“. Dabei ist sie in einem linksliberalen Milieu aufgewachsen, hat mitbekommen, wie ihre Mutter Inès den jungen Libyer Yusuf Alkadi in ihrem Auto über die Grenze nach Deutschland geschmuggelt und ganz selbstverständlich auch weiterhin unterstützt hat. Nun ist Maxi mittendrin in einer publicityträchtigen Aktion, die der französischen Rechten großen Zulauf bringen soll. Chauffiert von Yusuf eilt ihr Vater Alex Baier ins Elsass, um sie im letzten Moment aus der Schusslinie zu holen – im wahren Wortsinn…
„Je suis Karl“, der Titel nimmt Bezug auf das islamistische Attentat auf die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und die darauffolgende Solidaritätsbekundung unter dem Bekenntnis „Je suis Charlie“, erzählt vom persönlichen Schmerz einer bisher sehr behüteten jungen Frau und von der Gefahr, über diesen Schmerz radikale Tendenzen manipulativer „Freunde“ zu übersehen. Christian Schwochows erschütterndes Familiendrama ist zugleich eine leider sehr realistische Gesellschaftsstudie – und am Ende nach gut zwei Stunden ein packender Polit-Thriller. Thomas Wendrichs Drehbuch, in der Entstehung beglaubigt vom Attentat auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz 2016, entlarvt wie Christian Schwochos Regie den neuen „Look“ junger Rechter, die sich in Auftreten und Strategie viel abgeguckt haben vom internationalistischen Lifestyle der Linken.
Pitt Herrmann