Alt-Heidelberg

Deutschland 1922/1923 Spielfilm

Alt-Heidelberg


H. M–s. (= Heinz Michaelis), Film-Kurier, Nr. 64, 16.3.1923


Der Film "Alt-Heidelberg" ist im wesentlichen eine Reproduktion des Meyer-Försterschen Schauspiels.

Das ist Vorteil und Nachteil zugleich.

Auf der einen Seite ergibt sich daraus eine gewisse Geschlossenheit. Der Fehler so vieler Filmwerke, die Zersplitterung in Episoden, ist im allgemeinen vermieden. Aber man vermißt eine gewisse Buntheit, einen Überschuß an Temperament, Laune und Humor, den man gerade in einem Alt-Heidelberg-Film erwartet hätte. Man möchte dem geschmackvollen Autor-Regisseur Hans Behrend, der im ganzen mit viel Geschick seines Amtes gewaltet hat, fast einen gewissen Puritanismus in der Behandlung des Gegenstandes zum Vorwurf machen. Zum mindesten hätte das Tempo der Studentenszenen wirbelnder sein können. Das Lied der Lebenslust klingt ein wenig gedämpft.

Aber es ist nicht anzunehmen, daß diese kleinen Schönheitsfehler, wie sie nun einmal jedem Menschenwerk anhaften, die Wirkung des Films auf den unverbildeten Zuschauer beeinträchtigen werden.

Denn mag man über die Fabel von "Alt-Heidelberg" noch so verächtlich die Nase rümpfen, in diesem Stoff stecken Gefühlsmomente, vor denen jeder – auch der hyperintellektuelle (obgleich er das natürlich um keinen Preis zugeben wird) – bedingungslos kapituliert.

Überdies hat Hans Behrend die manchmal auf die Nerven gehende Sentimentalität des Schauspiels in seiner Bearbeitung diskret zu mildern verstanden.

So ist ein angenehmer Spielfilm entstanden mit malerisch gestellten Gruppenbildern, süddeutscher Romantik und stimmungsvollen Bildern von "Alt-Heidelberg" der Feinen.

Eine kunstgewerbliche Arbeit, die durch die Sauberkeit der Ausführung erfreut.

Man möchte sagen: Es ist ein Film wie aus dem Ei gepellt.

Paul Hartmann als Karl Heinz: Etwas passiv in Miene und Gebärde, aber sympathisch in der Liebenswürdigkeit, die durch sein Wesen hindurchleuchtet. Und vor allem macht er den Fürsten glaubhaft.

Eva May als Käthi: angenehm temperierte Heiterkeit, soweit ihr dazu Gelegenheit geboten wird, mit unaufdringlicher Betonung des Gefühls in den seriösen Partien; ohne jegliche Postkartensentimentalität, wozu eine Rolle dieser Art leicht verführen kann.

Eugen Burg als Kammerdiener Lutz im Stile der Bühnentradition, die für diese Rolle bereits festgelegt ist.

Das künstlerische Erlebnis des Films Werner Kraus als Dr. Jüttner. Aus der Lustspielfigur ersteht hier ein Mensch. Aus dem kneipseligen alten Herrn wird hier ein Mann von inbrünstigem Lebensverlangen, der noch einmal die Jugend auskosten will, um die ihn das Leben betrogen. Der Humor dieser Gestalt ist aus Leidüberwindung geboren.

Marc Rolands Musik untermalt mit Geschick das Geschehen auf der Leinwand.

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