MitGift
MitGift
Leo Schönecker, film-dienst, Nr. 03, 03.02.1976
Alice liebt auch Männer ohne viel Geld; ihr Vater, ein reicher Konsul, ist so herzkrank, daß ein paar Tabletten zuviel den Tod bewirken. Vermutlich hat Alice dabei, ebenso wie Edgar, ihr Geliebter, etwas nachgeholfen. Jetzt kann sie endlich mit dem berufs- und arbeitslosen Edgar die Ehe eingehen und die Traumvilla samt Park allein besitzen. Doch dem trotteligen Edgar wird die Mitgift mit Gift etwas unbequem, als seine Angebetete sich den schönen Kurt anlacht, der als schlecht bezahlter Wissenschaftler in einem Tierlabor Experimente anstellt. Das will sich der gehörnte Edgar zunutze machen, um beide zu erledigen. Alice nimmt ihre vergiftete Medizin ins sonnige Sorrent mit, merkt die Absicht, stellt sich tot und läßt sich ins Leichenhaus bringen. Edgar verrät sich und muß mit Kurt den Platz hinter Gittern tauschen. Alice verläßt beide Männer und überläßt das Lenkrad ihres Luxuswagens einem Anhalter-Studenten, derweil sie einen tödlichen Schluck aus Edgars Brustfläschchen nimmt, das – heimtückisch ist der Dummheit List, weil sie nicht zu berechnen ist – irgendwie in ihr Täschchen gekommen ist.
Autor-Regisseur Michael Verhoeven will die durchweg gepflegt und diszipliniert im attraktiven "besseren" Milieu arrangierte Kinomär als Komödie verstanden wissen. Doch die beliebten Unterhaltungsklischees sind zu wenig versetzt, Schauplätze und Figuren etwas zu bunt und zusammengewürfelt, die Handlung zu schwerblütig-zähflüssig und arm an echten Überraschungsmomenten. Zu einer schwarzen Komödie angelsächsischer Gütemarke hat"s vor allem deshalb nicht gereicht, weil ein guter Schuß unterkühlter Ironie fehlt. Offensichtlich hat Verhoeven auf dieses Element auch allzu wenig gebaut, denn an manchen Stellen hebt er die (fast) gespielte Ironie mit Worten gar wieder auf. Stattdessen mißbrauchte man, nach dem Rezept alberner Mode, klassische Musik, von Vivaldi bis zu Chopin, ohne dem ständigen Einsatz eine sinnvolle Funktion geben zu können. Die schauspielerischen Darbietungen sind im einzelnen recht ansehnlich: Senta Berger bringt den Touch der Alice im Wunderland im Deneuve-Stil der Belle de Jour; auch die männlichen Hauptdarsteller sind sich der Forderung, dem Publikum die "zwei schönen Stunden" zu machen, sichtlich bewußt. Doch eigentlich vermögen nur Elisabeth Flickenschildt und Helmut Qualtinger in zwei Nebenrollen dem faden, grobkörnigen Gift der schönen weiten Welt etwas knisterndes Salz beizumischen. – Insgesamt, relativ: Immerhin, handwerklich ein Lichtblick in der tristen Landschaftsszene deutschen Konsumfilms.