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Einst, in den 20er Jahren, war Adam Stein ein glücklicher Mensch, liebender Ehemann, stolzer Vater zweier Töchter, ein gefeierter Star im Berliner Varieté: ein Clown, ein Entertainer, ein Magier. 30 Jahre später ist davon nichts übrig geblieben. Adam ist nun ein Mensch ohne Zukunft, ohne Gegenwart – und mit einer Vergangenheit, die ihm wie ein schwarzes Loch jede Energie, jeden Willen zum Leben entzieht.
Um im Konzentrationslager unter dem sadistischen Lagerkommandanten Klein zu überleben, musste Adam lernen, buchstäblich wie ein Hund zu leben. Noch Jahre nach dem Krieg wird er von den Dämonen der Vergangenheit gequält. Gemeinsam mit anderen Überlebenden des Holocaust lebt er in einem Sanatorium mitten in der Wüste Israels, wo er seinen Schmerz in Kapriolen und Zaubertricks erstickt: Wer kann noch an den Menschen glauben, wenn er im KZ das Ende der Menschlichkeit erleben musste?
Dann entdeckt Adam einen Patienten, der bislang vor ihm verborgen wurde: einen zwölfjährigen Jungen, der sich für einen Hund hält. Er redet nicht, sondern bellt. Er geht nicht, sondern kriecht. Adams anfänglicher Zorn wandelt sich alsbald in Fürsorge. Und der Junge, dem bislang niemand helfen konnte, richtet sich an Adam auf. Für beide beginnt eine schmerzhafte Reise zurück ins Leben…
Die Drehbuchvorlage des Films – Yoram Kaniuks Roman "Adam Hundesohn" – erschien 1969. In Israel zunächst heftig umstritten, ist das Buch inzwischen als Meisterwerk und moderner Klassiker anerkannt.
Quelle: 59. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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Drei Jahrzehnte später ist Adam Stein nichts von allem mehr – und nichts mehr geblieben als ein nacktes Leben. Er harrt zusammen mit anderen Holocaust-Überlebenden perspektivlos in einem Sanatorium mitten in der israelischen Wüste, geplagt von den Dämonen der Vergangenheit. Dem Wahnsinn nahe kann Adam in besagte Pension fliehen, mit dem Paul Schraders in ihrer konsequenten Grausamkeit erschreckende Verfilmung des Romans mit dem deutschen Titel „Adam Hundesohn“ beginnt.
Welche wie die 1969 erschienene und in Israel sogleich skandalumwitterte Vorlage von Yoram Kaniuk nur schwer erträglich ist. Was auch dem Dortmunder Produzenten Werner Wirsing geschwant hat, als er Joachim Król parallel zur Deutschland-Premiere auf der Berlinale 2009 auf Lesereise u.a. nach Hamburg, Frankfurt und München schickte. Der Herner Schauspieler verkörpert mit Abe Wolfowitz einen jüdischen Mitpatienten Adam Steins, dessen Familie von den Nazis umgebracht wurde. Und der in einer der zahlreichen anrührenden Szenen des Films Adam Stein sein Testament in die Olivetti diktiert.
Aber zurück zu einer verrückten, schier unglaublichen und durch die Verknüpfung mehrerer Erzählstränge und Zeitebenen sehr komplizierten Geschichte: Adam Stein ist für seine Mitpatienten ein Held, ein Gott vielleicht, der dem Leiter des Sanatoriums, Dr. Nathan Gross, die Stirn bietet und in seinem orgiastischen Verhältnis zur Krankenschwester Gina Grey ebenso Vergessen sucht wie in blutigen, scheinbar für ihn tödlich ausgehenden Spielen. Denn die Vergangenheit holt ihn immer wieder ein.
Rückblick, Berlin 1926, sieben Jahre vor der Machtergreifung Hitlers. Adam Stein ist als Magier auf dem Höhepunkt der Karriere, als er während einer Show einen Freiwilligen aus dem Publikum auf die Bühne holt und ihm auf den Kopf zu sagt, dass er sich noch an diesem Abend habe umbringen wollen. In der Tat trägt der Mann, dem er so das Leben rettet und dem er viele Jahre später noch einmal unter gänzlich anderem Vorzeichen als SS-Untersturmführer Klein begegnen wird, ein starkes Betäubungsmittel bei sich.
Zeitsprung. Ein Jahrzehnt später erfährt Adam Stein, dass er als Jude aus der Reichstheaterkammer ausgeschlossen worden sei und Berufsverbot habe. Zeitsprung. Im Sanatorium nimmt Adam Stein einen vertrauten Geruch wahr und gerät in Panik, obwohl man ihm versichert, es würden keine Hunde ins Haus gelassen. Er geht der Spur nach – und bricht zusammen.
Konzentrationslager Stellring, 1944. Kommandant Klein fischt Adam Stein aus der Gruppe der Neuankömmlinge, sperrt ihn in seinen Hundezwinger und fordert ihn auf, seinen Schäferhund Rex zu imitieren – zur Unterhaltung. Adam geht künftig auf allen Vieren, frisst aus einem Napf, wird sozusagen Rex II. Dafür verspricht Klein, Adams Gattin und seine Tochter Lotte zu schonen: Ein Leben für ein Leben.
Zeitsprung, Sanatorium. Der „Hund“, der sich in einer Kammer unter einem Laken verborgen hält, ist David, ein geistig verwirrter Junge, der tatsächlich mit einer Kette um den Hals viele Jahre in einem Kellerloch zubringen musste. David und Adam Stein erkennen sich als auf makabre Weise Verwandte. Es braucht seine Zeit, aber der Junge macht erhebliche Fortschritte – und am Ende ist er es, der Adam dabei hilft, die Gespenster der Vergangenheit zu vertreiben.
„Ein Leben für ein Leben – Adam Hundesohn“ vereinigt binnen gut einhundert Minuten noch zahlreiche Handlungs-Nebenstränge mehr, die den Film überfrachten. Der in einer völlig überflüssigen Atemlosigkeit durch dieses zunehmend groteske Gewirr hetzt, ohne den surreal anmutenden Knoten aus Vergangenheits- und Gegenwartsbewältigung durchschneiden zu können. „Adam Resurrected“, die erste israelisch-deutsche Koproduktion zum Thema Shoa, erstausgestrahlt am 3. Oktober 2010 in der ARD, überzeugt vor allem durch die Schauspieler, aber auch durch die starken Bilder des Kameramanns Sebastian Edschmid.
Pitt Herrmann