Frohe Zukunft
Bananen sind aus
Von Susan Noll, Schnitt online
Die Wiedervereinigung hat viel Gutes in den Osten gebracht: In den Läden stapeln sich Konsumartikel und fremdländische Früchte, die Stasi ist Vergangenheit und reisen kann man, wohin man will. Die Wende ist gelungen, der Anschluß an die Bundesrepublik ein Erfolg. So scheint man zunächst das größte gesellschaftliche Ereignis Deutschlands bewerten zu können. Unter der Oberfläche aber, bei den Menschen, die sich zwischen November 1989 und Oktober 1990 mit dem Übergang von einem politisch-wirtschaftlichen System in ein anderes konfrontiert sahen, werden andere Ansichten offenbar. Vielmehr als eine Fortsetzung der deutschen Geschichte kommt die Wende im Osten einem kompletten Neubeginn gleich. Ein Bruch mit Idealen und Wünschen, der viele Menschen zunächst in völlige Ungewißheit entließ.
Die Regisseurin Bianca Bodau geht diesem Phänomen in ihrem Dokumentarfilm auf einer sehr persönlichen Ebene nach. Drei ostdeutsche Familien erzählen über ihre Erfahrungen, Ängste und Wünsche mit und von der Wende. Da ist der Familienvater, der seine Karriere mit dem Kauf eines Treuhand-Grundstücks ruinierte. Da spricht eine Mutter, die aus ihrem Beruf als Lehrerin entlassen wurde und auch ihren Sohn in die Arbeitslosigkeit abdriften sah. Da kommt eine Frau zu Wort, deren Mann sich kurz nach dem Bau des Hauses von ihr trennte und in die alten Bundesländer ging. Keine Geschichtsstunde soll hier gehalten werden. Es sind Einzelschicksale, die Bodau porträtiert, und diese sagen viel mehr über ostdeutsche Befindlichkeiten aus als jedes historische Breitwandgemälde.
Nicht allen Menschen geht es schlecht, nicht allen geht es besser. Für alle aber war die Wende ein entscheidender Einschnitt in die Kontinuität der Geschichte und ihres Lebens, der mit vielen Veränderungen verbunden war und auf keinen Fall leicht vor sich ging. Und so läßt die Regisseurin ihren Protagonisten viel Zeit, von ihren unterschiedlichen Erlebnissen zu berichten, damit man einen profunden, tiefen Einblick in deren Leben erhält. Die Kamera untermalt die Geschichten mit langen, ruhigen Einstellungen von Landschaften, die melancholisch die feine Stimmung zwischen Angst und Glück, Aufbruch und Enttäuschung einfangen.
Der Film macht nicht den Fehler, in "Ostalgie" zu verfallen. Bodau findet vielmehr den Blick für das Offene, Vorwärtsgewandte, das in den Menschen selbst steckt. Den meisten gibt die Familie Halt, und so wird der Film schließlich auch zu einem Generationenporträt. Frohe Zukunft ist ein manchmal wehmütiger, manchmal hoffnungsvoller und sehr persönlicher Blick auf die Auswirkungen des abrupten Endes eines Staates. Ein Thema, das im Bewußtsein der Ostdeutschen ohnehin präsent ist, aber immer noch viel zu wenig Beachtung in der gesamtgesellschaftlichen Diskussion findet.
© Schnitt online 2008