Hardcover

Deutschland 2007/2008 Spielfilm

Hardcover


Er würde so gern ein wenig "echtes Leben" in die Groschenkrimi-Reihe hineinbringen: Christophs Sehnsucht nach "Authentizität" ist seinem Lektor nur schwer zu vermitteln, allein schon deshalb, weil der trotz mehrfacher Versuche das gern inflationär missbrauchte Wort nicht richtig aussprechen kann. Es ist nicht das letzte Mal, dass jemand in Christian Züberts Buddy-Komödie an einem Fremdwort scheitert, die Fallhöhe zwischen zwei Welten – Ex-Student und Möchtegern-Schriftsteller versus Düsseldorfer Halbwelt – findet konsequent auch im Sprachwitz Niederschlag. Der Würzburger Christian Zübert ist einer der wenigen begabten Komödienautoren in Deutschland, er kann das notwendige Tempo und die hinreichende Respektlosigkeit, dass nicht jeder Witz erklärt und breitgetreten werden muss, auch über 90 Minuten halten. Das hat er schon mit dem Buch zu "Mädchen, Mädchen" (fd 34 779) gezeigt (mit Maggie Peren) und vor allem mit seinem Regiedebüt, der Kiffer-Komödie "Lammbock" (fd 35 010). Wie "Lammbock" wurde auch "Hardcover" von Sönke Wortmanns Firma "Little Shark" produziert. Zu beiden Filmen hat Zübert auch das Drehbuch geschrieben. Er weiß also, was für einen Autor die Angst vor dem leeren Blatt Papier bedeutet.

Sein Antiheld Christoph "Goethe" Kreiss träumt davon, ein deutscher James Ellroy zu werden, Krimis zu schreiben, wie sie dieses Land noch nicht gesehen hat. Anders als Ellroy fehlt Christoph allerdings der direkte Kontakt mit dem Verbrechen. Während er nachts auf den blendend weißen Computerbildschirm starrt oder seine Groschen-Krimis schreibt, jobbt er tagsüber in der Filiale einer Autovermietung. Just dort fällt dem Möchtegern-Autoren das Verbrechen in den Schoß, denn Dominik Adler klaut ihm vor der Nase tolldreist ein dickes Auto. Statt ihn bei der Gegenüberstellung auf dem Polizeirevier zu identifizieren, lädt Christoph den kleinkriminellen Bilderbuch-Proleten auf ein Bier ein. Die beiden machen einen Deal: Dominik liefert die kriminelle Inspiration, und wenn Christophs Krimi ein Erfolg, vielleicht gar verfilmt wird, dann bekommt er Prozente. Was Christoph noch nicht wissen kann: Sein Partner ist ein eher kleiner Fisch, ein Handlanger für Chico, den wahren Paten von Düsseldorf. Wie Christoph steckt Dominik mitten in der "Quarterlife"- Krise zwischen Ende 20 und Anfang 30, dementsprechend wirft ihn seine Freundin auch bald aus der von ihr finanzierten Wohnung. Christoph bringt den notorischen Schmarotzer, Kiffer, Kleindealer bei sich unter – und das komische Unheil nimmt seinen Lauf.

"Hardcover" beginnt schwungvoll und wird auch von dem mitreißenden Spiel der beiden Hauptdarsteller getragen, die mit Leidenschaft ihre konträren Klischee-Charaktere verkörpern, auf der einen Seite braune Schlaghose und "Harry Potter"-Brille, auf der anderen Camouflage-Kleidung und Armmuskulatur. Besonders gut gelingt das Lucas Gregorowicz als verhindertem Schriftsteller: Bis zum letzten Tick, einem neurotischen Rubbeln der Nase, verleiht er der sich verfestigenden Verklemmung Anfang 30 ein glaubwürdiges Gesicht. Spätestens nach zwei Dritteln gerät vor lauter Handlungskapriolen der Slapstick ins Hintertreffen, und auch der Charme, die Leichtigkeit kommen ein wenig abhanden, das Tempo stockt. Dramaturgische Stationen werden jetzt abgehakt, die Eskalation des Konflikts, die endgültige Buddy-Werdung. Ungleiche Freunde und die Annehmlichkeiten des Jobs in einer Autovermietung hat man zuletzt in "Ein Freund von mir" (fd 37 850) gesehen – ein wenig wirkt "Hardcover" wie der komödiantische Kommentar dazu.

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