Unter dem Titel "Memories Can't Wait – Film without Film" widmen die 60. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen vom 1. bis 6. Mai 2014 ihr großes Themenprogramm Arbeiten für das Kino, die mit der traditionellen Seherfahrung im Kino spielen, zum Teil sogar ganz ohne Bewegtbildprojektion auskommen.
Was kann also im Kino passieren, wenn auf das Schlüsselelement des Kinoerlebnisses verzichtet wird – den Film selbst? Wenn die Leinwand leer bleibt, Erinnerungen heraufbeschworen oder "unmögliche Filme" präsentiert werden? Die Kurzfilmtage bringen in einem der bislang umfangreichsten Programme dieser Art über 30 selten gezeigte historische und neue Arbeiten ins Kino, die dieser Frage nachgehen. Kuratiert wird der Schwerpunkt von Mika Taanila, einem der wichtigsten zeitgenössischen Künstler Finnlands.
Es gibt ein ganzes Subgenre faszinierender Filme, die schwer zu zeigen, schwierig zu programmieren und fast nie zu sehen sind: "Filme ohne Film". Manchmal existieren diese konzeptuellen Werke nur in Form vager Anweisungen, manchmal ähneln sie einer Performance, oft verlassen sie sich einfach auf die einfühlsame Partizipation oder Erinnerung des Publikums. Indem sie auf das Schlüsselelement des Kinoerlebnisses verzichten – den Film selbst –, schaffen sie ein üppiges visuelles Szenario, bei dem sich alles um unsere Erinnerungsrückprojektion dreht, darum, den Film für sich zu träumen und mit zu erschaffen. Lars Henrik Gass, Leiter der Kurzfilmtage: "In dem historischen Moment, wo das Kino als Kulturtechnik für die Auswertung von Film immer hinfälliger erscheint, wird das Kino hier als schöpferischer Ort erlebbar."
Memories Can't Wait – Film without Film thematisiert die besondere kulturelle und soziale Funktion des Kinos, als Ort und als Raum. Während der Film kommerziell mehr und mehr jenseits des Kinos ausgewertet wird, wollen die Kurzfilmtage das Kino als sinnlichen, sozialen, politischen und vor allem kollektiven Raum sichtbar und erlebbar machen, behaupten und neu entdecken. "In unserer von Mobilgeräten und einem leicht neurotischen privaten Online-Verhalten geprägten Zeit werden wir durch Film without Film die Möglichkeiten einer neuen Form der filmischen Freiheit erleben können: die Freude an einem partizipatorischen Kino", so Kurator Mika Taanila.
Mit Film without Film setzen die Kurzfilmtage ihre Untersuchung des Kinos fort, der sie eine Reihe von Themenprogrammen, von "Kinomuseum" (2007) bis zu "Flatness" (2013), gewidmet haben: Verschiebt sich die Rezeption von Bewegtbildern vom Kino in andere Räume wie das Internet oder das Museum? Ist Kino wirklich fürs Kino gedacht? Wie unterscheidet sich der individuelle Besuch einer Ausstellung von der kollektiven Erfahrung in einem Kinosaal?
Memories Can't Wait – Film without Film präsentiert sowohl historische Arbeiten als auch jüngere Werke von internationalen Künstlern sowie einige eigens zum Festival produzierte Arbeiten. Zu den ausgewählten Künstlern zählen Vuk Ćosić, Jean-Luc Godard, Julien Maire, Rachel Moore, Chris Petit, Luis Recoder & Sandra Gibson, William Raban, Walter Ruttmann, Hans Scheugl, Ernst Schmidt jr., Michael Snow, Pilvi Takala, Young-Hae Chang Heavy Industries und andere.
Das Programm wird unterstützt von der Kunststiftung NRW.
Der Kurator: Mika Taanila ist Künstler und Filmemacher und lebt in Helsinki. Er gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler Finnlands. Seine Arbeiten wurden auf großen internationalen Gruppenausstellungen wie der documenta 13, der Aichi Triennale, der 3. Berlin Biennale, der 6. Shanghai Biennale und der Manifesta 4 gezeigt sowie in Soloausstellungen u.a. im TENT, Rotterdam, im Contemporary Art Museum (CAM), St. Louis, im Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich, sowie im Kiasma, Helsinki. Seine Arbeiten wurden überdies regelmäßig bei den Kurzfilmtagen gezeigt.
Quelle: www.kurzfilmtage.de