Die Frankfurter Küche
Frankfurter Küche & Wohnung
Quelle: DFF |
Screenshot aus "Die Frankfurter Kleinstwohnung" (1928) |
Eine unmittelbare Folge der gegenwärtigen Ausgangsbeschränkungen und des social distancing ist, dass wir uns wieder mehr mit den eigenen vier Wänden beschäftigen. Es wird ausgemistet, aufgeräumt und Platz geschaffen. Lang aufgeschobene Renovierungen drängen sich nun umso mehr auf, manch eine*r schickt sich an, auch größere Umbauten vorzunehmen.
Vor knapp 100 Jahren stellten sich unter anderen Vorzeichen ähnliche Fragen: Damals wuchsen vor allem die Großstädte stetig, Frankfurt am Main platzte aus allen Nähten. Um der akuten Wohnungsnot zu begegnen, wurde 1925 von Oberbürgermeister Ludwig Landmann der Architekt Ernst May als Stadtrat beauftragt, ein Stadtplanungsprogramm aufzusetzen. Unter dem Namen "Neues Frankfurt" entstand ein Projekt, dass sich ähnlich dem Bauhaus nicht nur als ein architektonisches verstand, sondern gesellschaftliche Gestaltung und künstlerische Ausdrucksform in vielen Bereichen in Einklang bringen wollte.
So entstanden neben den unterschiedlichsten Siedlungen auch konkrete Entwürfe für einzelne Wohnungen und deren Einrichtung. Das prominenteste Beispiel ist wohl die von Margarethe Schütte-Lihotzky entworfene Frankfurter Küche, die Vorläuferin der heutigen Einbauküchen – und wohl die einzige Küche, die in ein Museum von Weltrang aufgenommen wurde und den Ruhm des Neuen Frankfurts nun im New Yorker MoMA mehrt.
Weniger bekannt ist, dass die Entwicklungen des Planungsprogramms auch filmisch dokumentiert wurden, als Werbung in eigener Sache. Dazu gab das Hochbauamt der Stadt Frankfurt Kurzfilme in Auftrag, die von verschiedenen Filmemacher*innen umgesetzt wurden. Paul Wolff war einer von ihnen. Der promovierte Mediziner, der später einer der wichtigsten deutschen Leica-Kleinbildfotografen werden sollte, etablierte sich mit den Fotografien für das Neue Frankfurt und produzierte auch dessen Filme. Einige davon sind auf filmportal.de zu sehen, darunter zwei Filme über die eigenen vier Wände vor fast 100 Jahren:
Hier geht es zum Video "Die Frankfurter Kleinstwohnung"
Hier geht es zum Video "Die Frankfurter Küche"
Übrigens: weitere spannende Filme und Fotografien aus der Geschichte Frankfurts und anderer europäischer Großstädte gibt es bei I-Media-Cities zu sehen. Das EU-geförderte Projekt wirft einen filmischen Blick zurück in die urbane Vergangenheit unseres Kontinents und zeigt kostenfrei Schätze aus den Archiven von neun Filminstitutionen – von Athen bis Stockholm.