Zwei Freunde in Preußen

BR Deutschland 1980 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Der junge Lessing (etwas zu blass unter der gepuderten Perücke: Jan Spitzer), zum großen Verdruss seines Vaters (Erik S. Klein) mehr auf den Brettern, die auch ihm die Welt bedeuten, zuhause als in den Hörsälen und Seminarräumen der Leipziger Universität, probt mit den Schauspielern Caroline Neubers (Marylu Poolman) sein neues Stück „Die Juden“. Das erfordert Mut nicht nur vom gerade ’mal zwanzigjährigen Dramatiker, sondern auch von der nur „die Neuberin“ genannten Prinzipalin, denn ihrer Truppe steht das Wasser bis zum Hals. Und die Aufführung dieses Lustspiels verspricht nicht gerade ein geschäftlicher Erfolg zu werden.

Zumal für die Zeitgenossen anno 1749 ein dickes Fragezeichen hinter dieser Gattungsbezeichnung steht: Der Christ Gotthold Ephraim Lessing hat mit seinem Stück „Die Juden“ ein Zeichen setzen wollen in einer Zeit, die, zumal in Preußen, für bekennende Angehörige des mosaischen Glaubens nur Verachtung und Verfolgung bedeutet: Juden dürfen nur bestimmte Berufe ausüben und werden mit Sonderabgaben belegt, sie genießen weder Freizügigkeit noch Zugang zur akademischen (Aus-) Bildung.

„Ob ein edler Jude etwas Unwahrscheinliches sei“: Wie die zeitgenössischen Kritiker empfinden die Neuberschen Schauspieler das Stück, in dem ein junger, gebildeter und dazu noch wohlhabender jüdischer Handelsvertreter einem Baron das Leben rettet, indem er den Christen aus der Hand von zwei Schurken befreit, als Provokation und weigern sich, es aufzuführen. Die positive, reine, edle Zeichnung des rechtschaffenen, tugendhaften „Reisenden“, so die einhellige Auffassung Mitte des 18. Jahrhunderts, sei allzu unwahrscheinlich bei der allgemein grassierenden Verachtung und Unterdrückung der Juden. Worauf Lessing noch 1754 antwortete: „Noch alsdann, wenn mein Reisender ein Christ wäre, würde sein Charakter sehr selten sein, und wenn das Selten bloß das Unwahrscheinliche ausmacht, auch sehr unwahrscheinlich...“

So beginnt eine der seltenen Gemeinschaftsproduktionen des DDR- und des bundesdeutschen Fernsehens, „Freunde in Preußen“ (auch: „Zwei Freunde in Preußen“), die Anfang Dezember im Preußen-Jahr 1981 in beiden deutschen Staaten ausgestrahlt worden ist. Im Mittelpunkt der im Berlin Friedrichs II. spielenden 95-minütigen Geschichte steht die drei Jahre nach der Eingangsszene spielende Begegnung des sächsischen Jungdramatikers Lessing mit dem aus Dessau in die preußische Hauptstadt gezogenen weltgewandten jüdischen Gelehrten Moses Mendelssohn (buckliger Stotterer: Michael Pan bildet das Zentrum des Films).

Dessen Biographie im krassen Gegensatz zu Lessings literarischem Idealbild des edlen Juden steht: Mendelssohn, lange Zeit arbeitslos, abgerissen und halb verhungert, findet ein hartes Brot als Hauslehrer und Buchhalter bei einem vom König privilegierten „Schutzjuden“, bevor er sich zu dem entwickeln kann, wofür sein Name heute steht: Der erste jüdische Gelehrte Deutschlands, der mit Hilfe seines engagierten Verlegers und Herausgebers einer bedeutenden Literaturzeitschrift, Nicolai (Andreas Müller), als „deutscher Sokrates“ Kant und Herder nachhaltig beeinflusst hat - und Friedrich Schiller.

Autor Heiner Michel und Regisseur Rolf Busch („Trotzki in Coyoacan“) führen uns ein Preußenbild vor, dass so gar nicht in die deutsch-deutsche Feierstimmung 1981 passen will: Judenverfolgungen, Unterdrückung des Deutschen als Kultur- und Literatursprache, beengte geistige und materielle Verhältnisse, Polizeistaatsmethoden, Progromstimmung. Am Ende des Films wird der Sabatgesang der Juden in der Synagoge vom „Hepp-Hepp“-Gebrüll auf den Straßen übertönt. Und das in einer trotz grandioser Farbaufnahmen (Kamera: Wolfgang Braumann) düster-dräuenden Defa-Ästhetik mit gewohnt minutiöser historischer Detailtreue dank der Außenaufnahmen in Görlitz und Bautzen.

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Drehbuch

Darsteller

Alle Credits

Regie

Drehbuch

Bauten

Kostüme

Darsteller

Titel

  • Weiterer Titel (DE) Freunde in Preußen
  • Originaltitel (DE) Zwei Freunde in Preußen
  • Weiterer Titel (DE) Freunde in Preußen, oder ob ein edler Jude etwas Unwahrscheinliches sei

Fassungen

Original