Inhalt
Verfilmung von Thees Uhlmanns gleichnamigem Roman: Eines Tages klingelt der Tod höchstpersönlich bei dem alleinlebenden Reiner, um ihn zu sich zu holen. Allerdings wird dieses Vorhaben durch das unerwartete Eintreffen von Reiners Ex-Freundin Sophia gestört, die mit ihm zum Geburtstag von seiner Mutter Lore reisen wollte. Die Feier wäre für Reiner eine Chance, endlich einmal seinen siebenjährigen Sohn Johnny wiederzusehen. Angesichts dieser Umstände lässt der Tod sich erweichen und gibt Reiner eine zweite Chance im Leben. Allerdings verschwindet er nicht einfach wieder, sondern begleitet Sophia und Reiner zu seiner Familie – der Beginn eines ereignisreichen Roadtrips.
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„Ich helfe nur beim Latschen. Ich bin wie ein Taxifahrer, der jemanden ins Bordell bringt. Und wenn du dann fragst: ‚Was passiert hinter der Tür?‘, kann der Taxifahrer nichts sagen. Er kann hoffen oder vermuten, aber wissen tut er nichts“: Der Himmel muss warten, weil sich der, wie sich bald herausstellt, eigentlich empathische, ja sympathische Tod in seiner Routinehandlung gestört fühlt. Er begleitet Sophia, toughe Chefin einer Einrichtung für sozial auffällige Jugendliche, und den Erzähler auf der Bahnfahrt zu dessen Mutter, die aus allen Wolken fällt, ihre geliebte Schwiegertochter wiederzusehen und den netten, höflichen und geradezu zuvorkommenden Freund ihres Sohnes, den sie sogleich in ihr Herz schließt.
„Reihenhaus-Apokalypse am Blumenbeet. Die Vorhölle im Vorgarten“: Anderntags steht mit dem „Anderen“ ein zweiter, mit Morten konkurrierender Todesbote vor der Tür. Der zwar in einem wilden Kampf vom Niederländer in die Flucht geschlagen werden kann, jedoch nun das Leben des achtjährigen Johnny bedroht, dem bei seiner Mutter Katharina im Süden lebenden Sohn des Erzählers, der seit der Trennung seiner Eltern täglich eine Postkarte seines Erzeugers samt Zeichnung zu den jüngsten Ereignissen erhält.
Also, Muttern fährt, auf in den Süden – nun zu viert. Am Ende, nach zwei weiteren gewalttätigen Auseinandersetzungen mit dem „Anderen“, und einem herzzerreißenden Gespräch zwischen Johnny und seinem „Postkartenmann“-Vater im Garten der Millionärsfamilie, muss Letzterer an der Seite Mortens den Weg ins Unvermeidliche antreten…
Lena May Graf, Nils Beckmann und Wenka von Mikulicz sind als Ko-Autoren aus Presseheft und Abspann getilgt, hat den ungemein witzigen und dabei immer wieder auch berührenden 320-seitigen Roman „Sophia, der Tod und ich“ des Musikers und „Tomte“-Gründungsmitglieds Thees Uhlmann zum Drehbuch des gleichnamigen, neunzigminütigen Spielfilm-Debüt des Regisseurs Charly Hübner verdichtet. Dabei konnte die gebürtige Münchnerin, die mit „Trauzeugen“ demnächst ihr Regiedebüt präsentieren kann, auf zahlreiche dialogische Situationen der Vorlage bauen. Ihr größtes Problem: die wunderbar ironischen Selbstreflektionen des Ich-Erzählers auf die Leinwand zu bringen.
Lena May Graf musste neben Morten (kann auch Holländisch: ein grandioser Marc Hosemann), Sophia, Katharina und Johnny allen im Roman namenlosen Personen solche verpassen: der Ich-Erzähler heißt nun Reiner, dessen menschenfreundliche Profession in einem hinzuerfundenen Intro deutlich wird. Seine Mutter hört auf Lore, der „Andere“ schimpft sich Morck Mortus – und der Wirt der nachts angesteuerten Herberge heißt Hubert (grandios bullerich: Charly Hübner). In die Rolle von Lores nervigem Nachbarn Tiedemann schlüpfte kurzfristig Rocko Schamoni, da Co-Produzent Detlev Buck an Corona erkrankt war.
Doch damit – leider – noch nicht genug: Die Berliner Autorin hat der Geschichte mit G. (alias Gott) und dem Erzengel Michaela (glänzt freilich nur als DB-Frau auf dem Bahnhof Friedrichstraße: Lina Beckmann) nicht nur einen völlig überflüssigen, ja kontraproduktiven Rahmen gegeben. Sondern diese auch noch holprig erzählt: Plötzlich sitzt das Trio, warum auch immer, im Zug nach Warschau und der Tod findet Gefallen an polnischem Dosenbier und Schnaps: „Wir sind quasi im Anarcho-Urlaub“. Dafür ist das Finale schön kitschig: während Reiner und Morten im Roman allmählich aus dem Blickfeld Sophias und Lores verschwinden, stirbt Ersterer im Film friedlich in den Armen seiner Liebsten auf einer Bank im Grünen.
Rund 20 Jahre währt die Film- und Fernsehkarriere von Charly Hübner, Lina Beckmanns Lebensgefährte und Hamburger Schauspielhaus-Ensemblekollege. Parallel zu seinen Erfolgen als Darsteller, dessen Palette von Rosa Praunheims „Der rosa Riese“ über den Rostocker „Polizeiruf 110“ bis zum Kinoerfolg „Mittagsstunde“ reicht, hatte er auch immer Lust, einmal Regie zu führen. DCM, mit denen er 2014 bei „Bibi & Tina“ zusammenarbeitete, boten ihm 2016 die Adaption des gefeierten Debütromans von Kultmusiker Thees Uhlmann an. Für die Rolle des liebenswerten Chaoten Reiner fand er mit Dimitrij Schaad („Die Känguru-Chroniken“, „Die Känguru Verschwörung“) eine idealtypische Besetzung.
Pitt Herrmann