Inhalt
Nach Jahren des Lebens in Deutschland besucht Wessi ihre Schwester Ossi in der gemeinsamen Heimat Mongolei. Ossis Jurte ist klein, doch zur Begrüßung der verlorenen Schwester werden alle Nachbar*innen zum Essen, Trinken und Feiern eingeladen. "Tu nicht so, als hättest du unsere Rituale vergessen", wird die moderne junge Frau ermahnt, dabei kann sie sich noch gut erinnern, vor allem daran, welche Rolle die Milch im Leben der Nomad*innen spielt. Zu Terbish, einem traditionell lebenden, mysteriösen älteren Mann aus der Steppe, fühlt Wessi schnell eine einzigartige, erotische Verbindung. Aber kann so etwas in der altmodischen Steppenwelt überhaupt ausgelebt werden?
In Uisenma Borchus zweitem semiautobiografischem Film nach "Schau mich nicht so an" sucht eine junge Frau nach ihren Wurzeln. Sie findet dabei eine eigenwillige, radikale Sinnlichkeit, die nicht nur die mongolischen, sondern auch vermeintlich freiere westliche Konvention durchbricht.
Quelle: 70. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Während Stiefvater Boro Waschmaschinen aus westlicher Produktion verkauft und in einer Armensiedlung an der Peripherie Ulaanbaatars haust, lebt Ossi mit ihrem Ehemann Budka weit abgeschieden in der Wüste in einer traditionellen Jurte. Wie ihre Vorfahren betreiben sie eine nomadische Selbstversorger-Viehwirtschaft mit Pferden, Schafen und Ziegen. Vergorene Stutenmilch ist die Grundlage der meisten ihrer Mahlzeiten. Nur das Brandenburger Tor auf einer kleinen Wand mit Familienfotos und das Smartphone erinnern an die Neuzeit, in der während der sowjetischen Herrschaft verbotene schamanische und buddhistische Riten ebenso überlebt haben wie eine patriarchalische Familienstruktur.
In „Schwarze Milch“ prallen unterschiedliche Lebens- und Sichtweisen scheinbar unvereinbar aufeinander. „Ich bin mongolisch und ich bin in den Jahren auch deutsch geworden“: Die in der Wüste geborene und mit ihren Eltern in der DDR aufgewachsene Regisseurin ist stets mit der Kollision zweier Kulturen konfrontiert gewesen. Uisenma Borchu: „Ich finde es spannend, zu sagen, mit jedem Fortschritt ist der Mensch sich selbst fremder geworden. Ist es nur noch eine Frage der Zeit, dass wir unseren Instinkt ganz verlieren werden? Wenn ja, dann ist dieser Film eine Hommage an unseren Instinkt.“
Sven Zellner, seit 2008 ihr Kameramann und Produzent: „Die Rückkehr von Wessi mag vielleicht scheitern, doch werden ihre Instinkte in der Wüste wach. Ein Ort, der sie in ihrer Kindheit geprägt hat. Sie muss ihre eigenen Regeln formen, denn ihr Zugang zu der Wüste ist ein anderer als der ihrer Schwester, die immer als Nomadin gelebt hat. Aber die Liebe der Schwestern und ihre gemeinsamen Wurzeln setzen Kräfte frei, die beide zwingen, sich weiterzuentwickeln, um die scheinbar unüberwindbaren Gegensätze zu bewältigen.“ Der erneut mit Laien gedrehte Film lebt wesentlich auch von den stimmungsvollen Bildern des kargen Lebens in der unendlichen Weite einer unwirtlichen Landschaft, unterlegt mit mongolischer Volksmusik und dem grandios-sinfonischen Klavierkonzert Nr. 23 A-Dur Wolfgang Amadeus Mozarts.
Pitt Herrmann