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Der erfolgreiche Eisenacher Rennfahrer Manfred Falk lässt sich von der schönen Konzerntochter Manuela zu den Alvarez-Werken nach Amerika abwerben. Sein Rennkollektiv und seine Freundin Inge bleiben enttäuscht zurück. Aus geschäftlichen Gründen werden Falk aber in Amerika seine Siege nicht zuerkannt und er kehrt tief frustriert nach Europa heim. Wieder soll der Rennprofi vereinnahmt werden, diesmal durch das westdeutsche Phönix-Werk. Doch Falk bekennt sich zu seinem Rennkollektiv und verhilft seinem Kameraden Seering zu einem wichtigen Sieg. Auch die zurückgelassene Inge scheint sich nun mit dem heimgekehrten Manfred Falk aussöhnen zu wollen.
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Weshalb „Rivalen am Steuer“, uraufgeführt am 26. April 1957 im Berliner Babylon, nur wenige Wochen auf den Spielplänen in den Filmtheatern der DDR blieb: Nachdem ihn drei Millionen offenbar begeisterte Zuschauer gesehen hatten, wurde Fiedlers melodramatische Liebesgeschichte in die Giftschränke der staatlichen Zensoren verbannt. Zu sehr hätten die übrigens ausschließlich im Arbeiter- und Bauernstaat gedrehten exotischen Szenen der lebensfrohen Südamerikaner das Fernweh der ja noch nicht eingemauerten DDR-Bürger wecken können.
Und überhaupt: Wo bleibt der Klassenstandpunkt? Selbst an der Rennstrecke unter der Wartburg werben kapitalistische Unternehmen wie Dunlop, Continental, Bosch und Veedol mit Bannern und Fahnen. Und beim Reifenwechsel bekommen auch Falk und Seering eine Sinalco oder gar eine Coca Cola zur Erfrischung gereicht. Bei der Entscheidung Manfred Falks, sicherlich lukrativere Vertragsangebote westlicher Unternehmen wie Phönix auszuschlagen und in den Osten des geteilten Landes zurückzukehren, spielt die Politik überhaupt keine Rolle. Er wechselt nicht aus politisch-moralischer Überzeugung in das bessere, weil sozialistische Deutschland, sondern weil er etwas gut zu machen hat bei Hermann Seering. Und bei Inge Thorwald, die er immer noch liebt wie auch sie ihn.
„Rivalen am Steuer“ bietet in gut einhundert vom Regisseur Ernst W. Fiedler selbst gedrehten Schwarzweiß-Minuten neben exotischen Kulissen und zu Herzen gehender Liebesfilm-Unterhaltung auch rasant geschnittenen Rennsport. Einschließlich einiger dokumentarischer Szenen großer Rennen samt zahlreicher spektakulärer Unfälle, die das Sensationsbedürfnis der Zuschauer befriedigen. Was für die Babelsberger Produktionen eher die Ausnahme darstellt: Entgegengesetzt zur großen politischen und gesellschaftlichen Bedeutung der um internationale Anerkennung ringenden DDR hat es überhaupt nur rund zwanzig „Sportfilme“ der Defa gegeben – und „Rivalen am Steuer“ ist darunter eine Ausnahmeerscheinung.
Weil der sportliche Wettkampf unter ehrgeizigen Rivalen mit filmischen Mitteln sozusagen hautnah auf die Leinwand übertragen wird: Kameras sind auf den Rennwagen positioniert und fangen Zweikämpfe auf der Strecke authentisch ein. Was Mitte der 1950er Jahre noch als technische wie künstlerische Meisterleistung anzusehen war, ist heute mit der Digitalisierung Alltag: ein Formel-Eins-Rennen wird mühelos aus Hunderten von Perspektiven gefilmt und live übertragen – selbst aus dem Cockpit der Fahrzeuge.
Fiedlers Spielfilm erfüllt heute auch eine dokumentarische Funktion. Ist doch weitgehend in Vergessenheit geraten, dass es vor den in der Tat kleinbürgerlich anmutenden Pseudo-Wettkämpfen zwischen Trabi-Rennpappen in der Nachkriegszeit einen ernsthaft betriebenen Motorsport in der DDR gegeben hat. Manfred von Brauchitsch, einst Mercedes-Werksfahrer, der 1945 nach Argentinien ging, bevor er 1951 nach Westdeutschland zurückkehrte, ist dort 1953 wegen Hochverrats zu acht Monaten Haft verurteilt worden. Im Jahr darauf siedelte er in die DDR um, wo er als Sportfunktionär tätig war.
Bereits Anfang der 1950er Jahre hat es in der DDR im Umfeld der Eisenacher BMW-Werke, die sich nun Eisenacher Motorenwerke (EMW) nennen mussten, ein staatliches Motorrennsport-Kollektiv gegeben durch den verordneten Umzug einer bis dahin in Berlin-Johannisthal beheimateten Gruppe. Auf der Basis des BMW 328 wurde ein erster Sportwagen gebaut, der 1952 auf der (West-) Berliner Avus siegte. Es folgte bald der EMW 327 (c/o BMW 327), der 1953 beim „Großen Preis von Deutschland“ auf dem Nürburgring für Furore sorgte. Bis 1955 wurden 400 Fahrzeuge gebaut, bis dann aus vorgeschobenen ideologischen, im Grunde aber aus finanziellen Gründen Schluss war: auf diesem Gebiet konnte die DDR im Wettkampf der ökonomischen Systeme keinen Blumentopf gewinnen.
Nach dem Ende des EMW-Rennkollektivs 1957 hat es zehn Jahre später einen erneuten Versuch gegeben durch den Dresdner Rennfahrer Heinz Melkus: Er konstruierte mit dem RS 1000 den einzigen „echten“ Sportwagen der DDR, der, ausgerüstet mit einem Motor der Eisenacher Wartburg-Werke, zehn Jahre lang bis 1979 auf Rennstrecken Osteuropas seine Runden drehte.
Pitt Herrmann