Inhalt
Im Mittelpunkt des Films stehen die Teenager Klara, Mina und Tanutscha aus Berlin-Kreuzberg. Die drei kennen sich seit dem Kindergarten und sie verbindet viele Gemeinsamkeiten. Sie sind 15 Jahre alt, beste Freundinnen und verbringen den Sommer im Prinzenbad, einem großen Freibad inmitten ihres Stadtteils, ihrem "Prinzessinnenbad". Die drei fühlen sich "erwachsen", behaupten von sich, die Kindheit schon lange hinter sich gelassen zu haben. Was aber die persönliche und familiäre Entwicklung der drei Mädchen angeht, so zeigt sich, dass das Leben der drei unterschiedlicher kaum sein könnte.
"Prinzessinnenbad" ist ein Film über die Sehnsucht nach Liebe und Halt. Was die Mädchen in ihren eigenen Familien schmerzlich vermissen, versuchen sie in ihren Freundschaften zu finden. Mit ihrem unverfälschten Charme und ihrer ruppigen und frühreifen Art verschaffen sich Klara, Mina und Tanutscha dennoch Respekt und wählen ihren eigenen Weg.
Quelle: 57. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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Das Trio gilt als unzertrennlich, doch jetzt, an der Schwelle zum Erwachsenwerden, suchen sie sich ihre eigenen Wege in die Welt. „Die Jungs haben mich abgehärtet. Ich bin jetzt einmal auf die Fresse geflogen ... vielleicht flieg ich auch noch öfter auf die Fresse, aber ich bin nicht mehr so naiv zu Jungs“: Die blonde Schönheit Klara kann sich nicht zwischen Tierpflegerin und Pornodarstellerin entscheiden und schmeißt erst einmal die Schule, wobei sie schon in der Grundschule als notorische Schwänzerin galt: „Es interessiert mich nichts. Ich will nichts mit Kindern machen, ich will nichts machen, wo ich irgendwie die ganze Zeit rumsitzen muss und, keine Ahnung. Niemals Handwerk.“
Klaras Vater lebt mit inzwischen neuer Familie in Panama. Er hat seine erste Tochter mit Neunzehn bekommen und ist vor der Verantwortung nach Amerika geflohen. Ihre immer noch sehr attraktive Mutter hat einen „Neuen“, mit dem Klara aber nicht so gut zurechtkommt. Vor allem will sie nicht, dass er in die Wohnung einzieht. Klaras Freund ist knapp zehn Jahre älter und Türke, der in der Döner-Bude seines Vaters jobbt. Für ihn ist sie „klein“, „süß“ und „sein blondes Engelchen“, aber auch zickig und rechthaberisch. Schwer vorstellbar, dass eine wie Klara („Wenn mir jetzt alle Vorschriften geben würden, würd’ ich sagen, leckt mein Arsch, sozusagen“) sich unterordnen könnte in einer muslimisch-patriarchalischen Familienhierarchie.
Klara hat ihrer Oma 2000 Euro geklaut, „für die Jungs, für Arschlöcher“, wie sie selbst sagt. Nun muss sie Sozialarbeits-Stunden ableisten und hat Glück, dies im Restaurant des Onkels von Mina, wo letztere häufiger aushilfsweise kellnert, machen zu können. Mina ist seit jeher die beste Schülerin des Trios, die ihr Abitur möglichst gut bauen will, damit ihr danach alle Berufswege offenstehen. Zunächst aber möchte sie mit ihrem 20-jährigen deutsch-äthiopischen Freund George zusammen sein, obwohl der immer wieder ’mal den Oberlehrer heraushängen lässt. Georg, der hübsche Rasta-Junge, versteht sich überdies gut mit Minas Vater, hat sich aber bereits vor geraumer Zeit für einen dreimonatigen Brasilien-Aufenthalt entschieden, aus dem – im Verlauf der Dreharbeiten – dann zwölf Monate geworden sind.
„Also bei Papa bin ich heilfroh, dass er eine Freundin hat. Das macht mich richtig glücklich... bei Mama nicht so... ist einfach so“: Minas Papa ist 55 und Neapolitaner, seine Neue“ ist 31 Jahre jung, während Minas Mama mit dem Rasta-Mann Hakin zusammenlebt. Multikulti-Patchwork made in Germany, nichts für grüne Romantiker: „Man wünscht sich des morgens aufzustehen“, bekennt Mina offen ihren bürgerlichen Traum von Familienleben, „und die Eltern sitzen am Frühstückstisch.“
„Ich will erstmal erst mit 30 Kinder, wenn überhaupt, ich will so frei leben, Partys machen, ich will schon so meinen Job haben, mein Geld verdienen, ... und ich werde mir nix im Ökoladen kaufen... weil ich Öko Scheiße finde“: Tanutscha hat immerhin vor, den Realschulabschluss zu schaffen, um ’was mit Menschen zu machen, Altenpflegerin vielleicht. Vorerst kümmert sie sich um ihren kleinen Halbbruder Ole, auch wenn der nervt, naturgemäß besonders bei Verabredungen mit Jungs. Die Tanutscha am liebsten via Internet-Chat trifft, freilich nicht mit einem „dreckigen Türken, der sich weder unterm Arm noch am Schwanz rasiert, der stinkt, der einmal in der Woche duschen geht und in Puff fährt, um ne Olle zu bumsen, oder nach Reinickendorf, weil da so ein paar Ossischlampen rumlaufen.“ Mit ihrer Mutter versteht sich Tanutscha sehr gut, auch wenn sie sich das nicht eingestehen will. Denn ihre Mutter will nicht, dass sie erst nach Mitternacht nach Hause kommt – und der Alkoholkonsum sollte allen unter 18 generell verboten werden...
Bettina Blümners Langfilm-Debüt gewährt nicht nur einen faszinierend ehrlichen Einblick in das Leben ihrer jungen, vaterlos aufgewachsenen Protagonistinnen, sondern auch in den etwas aus der „Mode“ geratenen Multikulti-Szene-Bezirk Berlin-Kreuzberg mit seiner hohen Arbeitslosigkeit unter Erwachsenen wie unter Jugendlichen und der grassierenden Perspektivlosigkeit besonders junger Männer mit ausländischer Herkunft.
Klara kennt ihren Vater gar nicht, der sich zwei Jahre nach ihrer Geburt aus dem Staub gemacht hat, will ihn aber, und so endet die dokumentarische Langzeitstudie über knapp zwei Jahre, so bald wie möglich in Panama besuchen. Minas Vater, ein Italiener, lebt jetzt mit einer sehr jungen Frau zusammen. Tanutscha hat gar keinen Kontakt mehr zu ihrem iranischen Vater, sondern kümmert sich um ihren Halbbruder Ole und tröstet, nach Möglichkeit, ihre Mutter. Man teilt mit den drei jungen Frauen eine entscheidende Phase ihres Lebens und gewinnt sie in ihrer Ganzheit geradezu lieb.
Pitt Herrmann