Nachhilfe für Vati

DDR 1983 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
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Mutti Lore (Bärbel Röhl) schmiert Stullen und packt Äpfel ein – für einen Ausflug mit ihrer Textil-Brigade. Mit im Bus des stets unter Termindruck stehenden Reiseleiters (Mathias Kunze) nicht nur ihre Kollegin und beste Freundin Erika (Katrin Saß), sondern auch ihre beiden Kinder Sebastian (Sebastian Raasch) und Bettina (Jana Zoller). Der ältere Sohn hat am Morgen ‘mal wieder Vati gespielt – um mit recht rabiaten Erziehungsmethoden seiner jungen alleinerziehenden Mutti unter die Arme zu greifen. Andererseits ist er liebevoll um seine kleine Schwester bemüht, etwa wenn er ihr bei den Rechenaufgaben für die Schule hilft.

Bei der Besichtigung eines Schlosses hat die Museumsführerin (Hannelore Becker) ihre liebe Not mit den beiden Kindern, denn ganz unverhofft ist es zu einer wenn auch nur sehr kurzen Begegnung mit ihrem Vati gekommen, der sich seinerseits mit seiner Baubrigade auf Kulturtrip befindet: Rudolf Herbst (Dieter Montag) ist zur See gefahren und war daher für Frau und Kinder über große Zeiträume hinweg nicht vorhanden. Von Gattin Lore vor die Wahl gestellt, hatte er sich damals für sein Fernweh und gegen seine Familie entschieden – mit der Scheidung als Folge. Was Bettina offenbar besser verkraftet hat als ihr Bruder, der in seinem Zimmer nicht nur Vatis Buddelschiff-Sammlung hütet, sondern auch immer noch dessen Routen auf einer großen Karte der Deutschen Seereederei verfolgt.

Nach einem, wie sich später herausstellt, selbst verschuldeten Unfall musste sich Rudolf Herbst vor zwei Jahren von der großen weiten Welt verabschieden, brachte es aber nicht übers Herz, in der Rostocker DSR-Werft zu arbeiten. Er heuerte vielmehr als ungelernter Arbeiter auf einer Großbaustelle vor den Toren von Dobschütz an – Plattenbau-Riesen inmitten dörflicher Idylle. „Mein lieber Vati, ich brauche Dich“ schreibt „Basti“ nun an ihn in der Hoffnung, die alten Familienbande wieder erneuern zu können. Denn beide Eltern sind nicht wieder neu liiert – und Vati hat ja nun festen Boden unter den Füßen.

Die Gelegenheit zur Familienanbahnung kommt unverhofft: Ihr Schichtleiter (Axel Werner) hat die Freundinnen Lore und Erika für einen mehrwöchigen Austausch mit einem Bekleidungsbetrieb in der ungarischen Hauptstadt Budapest vorgesehen – während der Sommerferien. Wohin mit den Kindern? Sebastian überzeugt seine skeptische kleine Schwester, die Ferien auf dem Lande bei Vati zu verleben, indem er ihr die Urlaubsfreuden im Sächsischen in den wärmsten Farben schildert. Mutti wird mit einer angeblichen Einladung ihres „Ex“ geködert. Der Plan gelingt: Lore bringt ihre Kinder zur Bahn und fährt mit Erika in die bei Sommersonne noch attraktivere ungarische Donaumetropole.

Der völlig perplexe Rudolf, der mit seinem jüngeren Kollegen Udo (Falk Rockstroh) in dessen arg renovierungsbedürftiger Laube eine reine Männerwirtschaft führt, die auf Kinder nun wirklich nicht eingerichtet ist, bringt Basti und Bettina daher bei Udos Schwester unter. Anke (Martina Eitner, heute Eitner-Acheampong) hilft gerne aus und im geräumigen Bauernhaus der Oma (Ilse Nürnberg) ist auch viel Platz, von den Tieren auf dem Hof und in den Stallungen ganz abgesehen, die Bettina versprochen worden sind. Doch Sebastians Plan ist ihm wichtiger als ein gemütliches Bett unterm reetgedeckten Dach: mit Bettina kehrt er nach der ersten Nacht zurück in die Laube, auch wenn sie dort auf unbequemen Luftmatratzen nächtigen müssen.

Vier romantische Ferienwochen haben sich nicht nur die Kinder anders vorgestellt: Vati Rudolf zieht es in die Einsamkeit des Anglers und Kumpel Udo zieht mit seiner Freundin Susi (Odette Bereska) ins Hotel zu ungestörter Zweisamkeit. Vati hat große Pläne: er will die Laube, ein klappriges Auto und ein leckes Boot wieder auf Vordermann bringen. Was dauert angesichts seiner bescheidenen finanziellen Verhältnisse. Beruflich jedoch entwickelt er keinen Ehrgeiz mehr und lehnt alle Angebote zur Facharbeiter-Qualifizierung ab: für die Schulbank sei er inzwischen zu alt. Mit der Zeit aber versteht sich das unkonventionelle Quartett immer besser: Udo bringt Bettina das Fahrradfahren bei und bestellt mit ihr zusammen ein neugestaltetes Gemüsebeet, während Vater und Sohn gemeinsam das Dach der Laube sanieren.

Als Bettina über Zahnweh klagt, bringen sie die beiden Erwachsenen in einer fürchterlichen Gewitternacht mit dem Fahrrad in die nächste Poliklinik. Basti macht sich aus Sorge um seinen Vater zu Fuß auf die Suche nach ihm – und handelt sich prompt einen Rüffel ein. Was sich wiederholt, als er beim Badeausflug im Wissen um Vatis Geldsorgen auf den Kauf neuer Schwimmsachen verzichtet und in der Unterhose ins Wasser steigt. Es braucht seine Zeit, bis Rudolf klar wird, dass sein Sohn ihm aus Liebe gleich mehrere Lehrstunden erteilt hat…

Zum Jahreswechsel wird Bilanz gezogen. Und mit guten Vorsätzen ins Neue Jahr gegangen. „Nachhilfe für Vati“, am 1. Januar 1984 im Fernsehen der DDR erstausgestrahlt, ist weit mehr als nur ein 85-minütiges Plädoyer für die Familie. „Ich möchte nicht, dass er vergammelt“: Basti sorgt sich nicht nur um den schmerzlich entbehrten Vater, sondern geht planvoll zu Werke, damit dieser physisch und psychisch wieder auf die Beine kommt. Denn erst ein selbstbewusster, in mehrfacher Hinsicht bodenständiger und wieder zielorientiert durchs Leben gehender Rudolf Herbst ist in der Lage, die Familie wieder zu vereinen.

Pitt Herrmann

Credits

Kamera

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Dramaturgie

Kamera

Bauten

Schnitt

Darsteller

Produktionsleitung

Länge:
85 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 01.01.1984, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) Nachhilfe für Vati

Fassungen

Original

Länge:
85 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 01.01.1984, DDR-TV