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Die hochschwangere Sandra sitzt wegen schwerer Körperverletzung im Gefängnis. Gerät sie unter Druck, dann hat sie sich nicht im Griff - und das ist nur einer der Gründe, warum die Sozialarbeiterin und das Jugendamt skeptisch gegenüber Sandras Wunsch sind, das Baby nach der Geburt behalten zu dürfen. Doch Sandra setzt sich entschlossen für ihr Kind ein. In Rückblenden wird deutlich, wie ihr Leben, das bis dahin durch die emotionale Belastung der Pflege der Mutter geprägt war, aus den Fugen geraten konnte.
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Doch sie hat keine Zeit. Neben dem Knochenjob in Wechselschicht versorgt sie täglich ihre bewegungseingeschränkte, häufig bettlägerige Mutter Brigitte, vom Einkaufen über die Essenszubereitung bis hin zum Waschen und Baden in der Wanne. Sandra ist dermaßen unter Stress, dass sie jedes Mal lautlos in sich hinein schreit, wenn sie im prekären Wohnsilo vor Mutters Wohnungstür steht.
Die Wochenenden gehen mit Terminen an der Seite Mikis drauf, wobei sich Sandra im knappen Mini durchaus als scharfe Braut des Kraftfahrzeug-Mechanikers mit Ambitionen auf den Profi-Rennsport gefällt. Und aufreizende Selfies ins Netz stellt. Doch immer wieder kommt es bei hoher Anspannung zu Ausbrüchen körperlicher Gewalt, etwa gegen den Fahrer eines Autos, der Mikis Wagen touchiert hat. Oder, aus völlig nichtigem Anlass, gegen ihren Nachbarn. Sandras „Monster im Kopf“ gipfelt in einer erst am Ende offenbarten Bluttat, welche sie hinter Gitter bringt.
Bald lässt sich ihr Zustand nicht mehr verbergen, weshalb sie Mikis Besuchswunsch ablehnt. Sandra arbeitet in der Gefängnis-Küche, wo sie von den Mitgefangenen als „Prinzessin mit dem Erbsenbauch“ gemobbt wird. Als die erneut mit starken Blutungen verbundenen Wehen einsetzen, wird sie in letzter Minute von der Justizvollzugsanstalt in ein Krankenhaus gefahren. Dr. Gerds verhilft ihrem Sohn in die Welt, muss der Mutter aber mitteilen, dass sie nach einem Gebärmutterriss keine weiteren Kinder mehr bekommen kann.
Rund um die Uhr selbst beim Hantieren mit der Milchpumpe von zwei Justizbeamten bewacht gilt Sandras größte Sorge der Zukunft ihres Kindes, das sie nicht in fremde Hände geben will. Doch sowohl die JVA-Gruppenleiterin Peters als auch die Sozialarbeiterin der Mutter-Kind-Abteilung im Offenen Vollzug sind skeptisch, ob sich die junge Mutter im Griff hat, wenn sie unter Druck gerät, und nicht wieder in alte Gewalt-Muster zurückfällt. Als Kompromiss wird eine Art Probezeit im Frauengefängnis vereinbart – und nun darf Miki endlich auch sein Kind sehen. Es ist nicht zuletzt seinem Einfluss zu verdanken, dass Sandra am Ende samt Kind in den Offenen Strafvollzug entlassen wird – mit besten Wünschen von der empathischen Schließerin Antje.
Nach ihrem Spielfilm-Debüt „Sterne über uns“ über eine obdachlose Stewardess, die mit ihrem Kind im Wald lebt, hat Christine Ebelt erneut mit Franziska Hartmann zusammengearbeitet, die in „Monster im Kopf“ eine „Systemsprengerin“ ganz eigener Art verkörpert. In Rückblenden wird deutlich, wie es zur Gewalttat, einer schweren Körperverletzung mit Todesfolge, gekommen ist. Dabei wird die Täterin nicht ohne Verständnis für ihre Probleme gezeichnet, aber ohne falsches Abschieben individueller Schuld auf gesellschaftliche Verhältnisse.
Indem Christine Ebelt in den Szenen, die im Schlachthof, im Gefängnis und vor Gericht sowie auf der Entbindungsstation spielen, auf Berufstätige in diesen Einrichtungen als Laiendarsteller zurückgegriffen hat, gewinnt der mehrfach an die Nieren gehende Film an zusätzlicher Authentizität. Bei den 45. Biberacher Filmfestspielen gabs gerade den „Goldenen Biber“ als bester Spielfilm – rechtzeitig zum Kinostart.
Christine Ebelt im Realfiction-Presseheft: „Die Figur von Sandra macht keine große Entwicklung durch, wie es in vielen Filmen üblich ist. Die Entwicklung findet außerhalb der Erzählung statt, wenn sich mein Blick als Zuschauende auf die Figur verändert, je besser ich sie kennenlerne und in Situationen erlebe, in denen sie gewalttätig wird. Bei der Zusammenarbeit mit Franziska Hartmann ging es darum, eine Figur zu schaffen, die einen immer wieder an die eigenen Grenzen bringt. Weil mich ihre Handlungen manchmal sogar abstoßen, deren Innenwelt sich nicht so recht greifen lässt - für die ich gleichzeitig jedoch eine große Empathie empfinde. Eine Figur, der ich etwas wünsche, mit der ich bange, die mich aufregt und ärgert und die ich gleichzeitig liebe. Im besten Sinne eine echte Kinofigur, die mich zu keinem Zeitpunkt ruhen lässt.“
Pitt Herrmann