Inhalt
Koistinen, ein einsamer Wachmann in einer modernen Shopping Mall, lernt in einer Bar Mirja kennen. Sie ist von einer Verbrecherbande auf ihn angesetzt worden, um ihm Informationen zu einem Juwelierladen zu entlocken. Obwohl er mitbekommt, wie ihm der Schlüssel geklaut und der Laden ausgeräumt wird, verrät er sie nicht, sondern geht für sie in Gefängnis. Nach seiner Entlassung will er sich an den Dieben rächen.
Der letzte Teil der "Trilogie der Verlierer" zeigt seinen Protagonisten, der die Hoffnung auf ein besseres Leben nicht aufgibt, voller Mitgefühl.
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Koistinen ist ein Einzelgänger. Freunde hat er offenbar keine und von den Kollegen des Sicherheitsdienstes wird er, warum auch immer, geschnitten und gemobbt. Auch bei Frauen, die er an der Bar anspricht, hat er keinen Erfolg. Dabei gibt sich Koistinen mit dem langweilig-eintönigen Job als Wachmann, der nachts in einem Einkaufszentrum einsam seine Runden macht, nicht zufrieden: Er bildet sich fort, um sich selbständig machen zu können. Sein Kreditantrag wird jedoch von seiner Hausbank nicht nur brüsk abgelehnt, ja man nötigt ihn sogar, das Geldinstitut durch den Hintereingang zu verlassen.
Als ihn die attraktive Mirja eines Abends in einer verrauchten Kneipe anspricht, macht er sich zwar so seine Gedanken angesichts der bisherigen Misserfolge beim anderen Geschlecht, hinterfragt das Ganze aber nicht weiter. Wie er sich auch bei dem zum Scheitern verurteilten Versuch, drei Schränke von Typen zu einer humanen Haltung ihrem Hund gegenüber zu bringen, wie erwartet mehr als nur eine blutige Nase holt: Koistinen rennt durchaus wachen Auges in seinen Untergang.
Für ihren Auftraggeber Lindholm, ein stets von drei russischen Schlägern umgebener Spießer mit der Attitüde eines Paten von Helsinki (herrliche Szene: Mirja konterkariert die Möchtegern-Machos beim Pokern mit dem Staubsauger), der einen Einbruch ins Einkaufszentrum plant, spioniert Mirja Koistinens Zugangscode aus. Eines Nachts nimmt sie auch den Schlüsselbund des Wachmanns an sich, und die Gangster rauben einen Juwelierladen aus.
Jeder glaubt, Koistinen habe mit den Räubern gemeinsame Sache gemacht. Zumal es Mirja gelingt, einen kleinen Teil der Beute samt Schlüsselbund auf Koistinens Sofa zu hinterlassen und so der selbst herbeigerufenen Polizei auf dem Silbertablett zu präsentieren. Der Wachmann hat ihre Tat durch den Spiegel beobachtet – und macht dennoch keine Anstalten, sich der Verhaftung zu entziehen.
Weshalb Koistinen völlig unschuldig für zwölf Monate im Gefängnis landet – mit gebrochenem Herzen und ohne jede Hoffnung. Obwohl, etwas Trost immerhin verspricht Aila, die unter den Lichtern der Vorstadt eine Imbissbude betreibt. Doch ihren Brief in den Knast zerreißt Koistinen ungelesen. Als er seine Strafe abgesessen hat, kommt er in einem Nachtasyl unter und jobbt als Tellerwäscher in einem Restaurant. Erst als Lindholm ihm auch diesen Neuanfang zunichte macht, wird Koistinen handgreiflich...
Mit „Lichter der Vorstadt“ beschließt Aki Kaurismäki seine „Trilogie der Verlierer“, die er mit „Wolken ziehen vorüber“ um den Verlust der Arbeit und „Der Mann ohne Vergangenheit“ um den Verlust der Wohnung begonnen hatte. Nun geht es um den Verlust der sozialen Existenz: Stilisiert, melancholisch und wortkarg wie immer, gleichzeitig aber voller Mitgefühl mit der Hauptfigur Koistinen, ist „Lichter der Vorstadt“ sowohl ein grimmig-realistisches Märchen um einen Verdammten dieser Erde als auch eine hemmungslos romantische Variation auf den Hausheiligen Chaplin und seinen kleinen Tramp, welcher auch nur nach einem bescheidenen Platz an der Sonne sucht.
Aki Kaurismäki über seinen Film: „Kriminelle Subjekte spekulieren auf Koistinens Sehnsucht nach Liebe. Und das mit Hilfe einer Frau, der kältesten Femme Fatale seit ‚All About Eve’ von Joseph L. Mankiewicz. Am Ende wird Koistinen selbst das wenige los sein, was er je besaß: seine Arbeit, seine Freiheit, seine Träume. Zum Glück für die Hauptperson hat der Filmemacher jedoch den Ruf eines alten Herrn mit weichem Herzen, und so hat er die Schlussszenen durch einen kleinen Lichtstreif erhellt. Und diesem Lichtstreif, sehr verehrte Damen und Herren, dürfen Sie ruhig Glauben schenken.“
Doch bevor dieser Lichtstreif am Horizont erscheint, ärgert sich der gemeine Kinobesucher über die völlig unverständliche, ja geradezu unsinnige Apathie Koistinens. Während sich andererseits der Cineast über ruhige Kameraeinstellungen (Timo Salminen) und ausgesprochen vielsagende stumme Bilder freut, die wie gewohnt vom Kausrismäki-Fan zu ganzen Szenen fortgesponnen werden. So bei der Schlägerei zwischen Koistinen und den drei Tierquälern, die nur indirekt, dabei aber nicht weniger eindringlich geschildert wird. Und er freut sich über den melancholischen finnischen Tango, den wir seit „Zugvögel – Einmal nach Inari“ mit Joachim Król ins Herz geschlossen haben.
Pitt Herrmann