Inhalt
„Romeo und Julia“ im 21. Jahrhundert: Als Casim, ein Brite mit pakistanischen Wurzeln, auf die junge Lehrerin Roisin trifft, ist es bald um ihn geschehen. Die beiden verlieben sich ineinander, doch ebenso bald tauchen Hindernisse auf, die ihre Beziehung erschweren. Casim verleugnet Roisin zunächst vor seiner Familie, da seine Eltern für ihn eine Hochzeit mit seiner Cousine geplant haben. Als er sich schließlich zu Roisin bekennen will, handelt er sich Unmut von allen Seiten ein, da er damit die Ehre seiner ganzen Familie beschmutzen würde. Auch Roisin sieht sich mit Problemen konfrontiert: Ihre neue Stelle an einer katholischen Schule soll ihr vorenthalten werden, da sie unehelich mit Casim, einem Moslem, zusammenlebt…
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Während Casims Eltern (sympathisch kauziger Tyrann: Ahmad Riaz als Vater Tariq) einerseits seine Arbeit als DJ in Glasgower Clubs mit einigen religiös-moralischen Bauchschmerzen akzeptiert haben, sind sie andererseits doch strenggläubige Moslems, denen die Familientradition sehr viel bedeutet. Eine Absage der Hochzeit würden sie niemals akzeptieren. So muss Casim wählen zwischen der Familie und seiner großen Liebe – einer Liebe, die sich – vor allem nach dem 11. September 2001 - gegen alle politischen und kulturellen Widerstände behaupten muss und seine Familie zerstören würde.
In eindringlichen Bildern zeigt Ken Loach („Riff-Raff“, „Land and Freedom“, „Raining Stones“, „Sweet Sixteen“), was es für die pakistanische Familie bedeutet, wenn der Sohn nicht mit einer Muslimin, sondern einer weißen „Goree“ zusammenleben will. Und wie groß die Probleme für die junge Lehrerin werden, wen sie weiter an einer katholischen Schule unterrichten möchte.
Beide Hauptdarsteller wissen aus eigener Erfahrung um die Probleme, die der für den Wettbewerb der Berlinale 2004 nominierte Streifen thematisiert: Atta Yaqub, ein Newcomer vor Barry Ackroyds Kamera, der bisher u.a. als Model gearbeitet hat, war vier Jahre lang mit einer Weißen befreundet, eine Beziehung, die er nicht nur vor seinen Eltern, sondern auch vor der muslimischen Gemeinde verheimlichen musste. Und Eva Birthistle, eine auf der britischen Insel sehr bekannte Schauspielerin, fühlte sich einst in jungen Jahren als Katholikin in einer protestantischen Schule als Fremde.
„Just a Kiss“ komplettiert die Glasgow-Trilogie des 68-jährigen Filmemachers, die 1998 mit „My Name is Joe“ begann, einer Geschichte über einen arbeitslosen Alkoholiker, und 2002 mit „Sweet Sixteen“ fortgesetzt wurde, der Story eines Teeanagers, der aus Liebe zu seiner Mutter zum Dealer wird. Die sozialkritische Härte der ersten beiden Trilogie-Teile ist nun einem vorsichtigen Optimismus gewichen: Die jüngere Generation hat bei allen Schwierigkeiten die Chance, verkrustete Strukturen über alle kulturellen und religiösen Grenzen hinweg aufzubrechen.
Pitt Herrmann