Inhalt
Martin und Petra Kaminski führen mit ihrer fünfjährigen Tochter Lona ein glückliches und harmonisches Leben. Da die Eltern minderbegabt sind, rät der Kinderarzt eines Tages zu einer Fördermaßnahme, damit das Mädchen nicht in einen Entwicklungsrückstand gerät. Doch Martin und Petra fühlen sich von der Familienhelferin kontrolliert und lehnen sie ab. Damit treten sie eine Lawine los, denn nun wird ihnen vom Jugendamt das Sorgerecht für Lona entzogen. Das Mädchen kommt zu Pflegeeltern, die sofort anfangen, sich intensiv um Lonas Förderung zu kümmern. Doch Martin und Petra wollen ihre Tochter nicht aufgeben. Mit Hilfe der Anwältin Annett Fink gehen sie trotz ständiger Rückschläge und persönlicher Krisen durch alle Instanzen – bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
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Als Lona einmal im Kindergarten ausgelacht wird, weil sie die Bedeutung des Wortes „Brockhaus“ nicht weiß, wird sie daheim von ihrem Vater unfreiwillig komisch wie folgt getröstet: „Das ist nicht schlimm, wenn man das nicht weiß, man muss nur wissen, wo man das nachgucken kann.“ Gesagt, getan, Martin Kaminski holt das Lexikon aus dem Regal, schlägt unter dem Buchstaben „B“ auf und findet keinen Eintrag: „Das steht hier nicht drin, dann muss man das auch nicht kennen tun.“
Als der Kinderarzt Dr. Wente bemerkt, dass Lona in ihrer Entwicklung dem Vergleich mit ihren Altersgenossen nicht standhält, rät er zu einer Frühfördermaßnahme. Die Familienhelferin Gabriele Lohse soll die Kaminskis regelmäßig besuchen, um Lonas Eltern bei der Erziehung zu unterstützen.
Doch Martin und Petra fühlen sich von der Familienhelferin kontrolliert, ja entmündigt und lehnen sie rasch ab: Was als Hilfe gemeint war, wird zum Problem. In ihrer Unwissenheit treten sie damit jedoch eine Lawine los, denn nun wird ihnen vom Jugendamt das Recht entzogen, für Lona zu sorgen. Martin und Petra werden, im Amtsdeutsch heißt das „grenz-debil“, als unfähig eingestuft, ihrer Tochter in deren geistiger Entwicklung angemessen beizustehen.
Das Mädchen wird bei den sensiblen Pflegeeltern Kai und Julia Gerber untergebracht, die sofort anfangen, sich intensiv um Lonas Förderung zu kümmern. Ja sie sorgen sogar dafür, dass Lonas Kontakt zu ihren leiblichen Eltern nicht völlig abreißt. Doch Martin und Petra wollen ihre Tochter nicht aufgeben.
Mit Hilfe der selbstlosen Anwältin Annett Fink gehen sie trotz ständiger Rückschläge, vor Gericht folgt eine Niederlage auf die nächste, und persönlicher Krisen durch alle juristischen Instanzen. Als letzte Hoffnung bleibt nur der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, dabei geht es Lona bei ihren Pflegeltern außerordentlich gut, ja sie ist geradezu aufgeblüht unter der intellektuellen Forderung und Förderung...
Regisseur Stephan Wagner hat für seine ergreifende Geschichte eines Elternpaares, dem aufgrund seiner intellektuellen Defizite die Fähigkeit zur Erziehung seines Kindes aberkannt wird, auf einen authentischen Fall aus dem Jahr 1994 zurückgegriffen. Auf Anraten des Hausarztes suchte die Familie K. Unterstützung für die Erziehung ihrer beiden Töchter im Alter von drei Jahren bzw. einem Jahr. Das Jugendamt schickte eine Familienhelferin, auf deren Veranlassung der Familie K. 1997 das Sorgerecht abgesprochen wurde. Die Kinder kommen in Pflegefamilien. Erst der Europäische Gerichtshof für Menschrechte in Straßburg erteilt den Eltern 2002 erneut das Sorgerecht mit der Begründung, dass die Zweifel der deutschen Behörden an der Erziehungsfähigkeit der Eltern zwar begründet waren, diese jedoch keine Rechtfertigung dafür sein durften, ein Kind mit Gewalt von seinen biologischen Eltern zu trennen.
„In Sachen Kaminski“ ist nach der Uraufführung mit dem TV-Movie-Award als bester Film und nach der Erstausstrahlung mit Bayerischer Fernsehpreis 2006 ausgezeichnet worden. Dabei hatten Regisseur Stephan Wagner und Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt alle Mühe, das Projekt in den öffentlich-rechtlichen Gremien durchzusetzen. Und das trotz der authentischen Story und einer hervorragenden Besetzung, die den fiktiven TV-Film als eine unter die Haut gehende Dokumentation erscheinen lässt.
Pitt Herrmann