Il Portiere di Notte

Italien 1973/1974 Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Wien, Ende der 1950er Jahre. Dreizehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitet der ehemalige SS-Offizier Maximilian Theo Aldorfer (Dirk Bogarde) als Nachtportier in dem eleganten Wiener Hotel „Zur Oper“. Seine ganze Aufmerksamkeit gehört seinen Gästen, sein ganzer Ehrgeiz liegt in der Erfüllung auch noch der ausgefallensten ihrer Wünsche. So gehört auch die Gräfin Stein (Isa Miranda), der Maximilian junge Männer als sexuelle Gespiele zuführt, zu seinen „Schützlingen“.

Viele der Hotelgäste jedoch sind ehemalige Kriegsverbrecher, die in dem Hotel regelmäßig geheime Treffen abhalten, um sich mit simulierten Verhandlungen auf bevorstehende Prozesse vorzubereiten. Die Gruppe ist sich darin einig, Schuldkomplexe erst gar nicht aufkommen zu lassen: Man bestätigt sich gegenseitig sein Verhalten im nachhinein und recherchiert nach belastendem Archivmaterial und nach Zeugen – und sucht das eine wie die anderen zu beseitigen.

Auch Maximilian bereitet sich auf sein Gerichtsverfahren vor, in dem er zahlreicher Exekutionen angeklagt ist. Aber nicht so wie die anderen: Schon im Lager auf der Flucht vor der erlebten Realität wie vor sich selbst, verwandelt zu einem Arzt, der Experimente an Häftlingen ohne jede medizinische Qualifikation unternimmt, kann er keinen inneren Halt finden, ist selbst sein eigenes Opfer geworden. Sein bewusst gewähltes Nachtportier-Dasein bewahrt Maximilian vor der Peinlichkeit, der Menschheit bei hellem Tageslicht begegnen und womöglich in die Augen sehen zu müssen.

In dieser von unverhohlener Nazi-Nostalgie geprägten Atmosphäre trifft mit Lucia Atherton (Charlotte Rampling) ein ganz besonderer Hotelgast ein. Sie war als Tochter eines Sozialisten in einem Wiener Konzentrationslager inhaftiert und ist die einzige Überlebende, die gegen Maximilian aussagen kann.

Der hatte das junge Mädchen im Lager mehrmals als Lustobjekt zur Befriedigung seiner perversen sexuellen Triebe missbraucht. Und Lucia, inzwischen Gattin eines erfolgreichen amerikanischen Dirigenten, handelt wie unter hypnotischem Zwang, als Maximilian wieder vor ihr steht: Sie, das Opfer, kann sich auch jetzt, so viele Jahre nach dem Lagergeschehen, dem Sog dieser (selbst-) quälerischen Beziehung nicht entziehen. Beide fühlen sich unkontrollierbar zueinander hingezogen – eine folgenschwere sadomasochistische Liaison nimmt ihren Anfang.

Denn zwei ehemalige Kameraden von Maximilian, noch immer fanatische und blutdürstige Nazis, werden sich der Gefahr bewusst, die Lucia für sie darstellt. Maximilian hängt seinen Job an den Nagel, Lucia trennt sich von ihrem Gatten. Wochenlang verbarrikadieren sich beide in einer kleinen Wohnung. Um dann auf einer Donaubrücke im Kugelhagel der unverbesserlichen Nazis zu enden. Von besagter Brücke hatten sie sich in die Donau stürzen wollen, in der Kleidung, in der sie sich kennen lernten, Maximilian in einer SS-Uniform, Lucia in der Kleidung eines jungen Mädchens...

„Der Nachtportier“ nach einer Idee von Barbara Alberti, Liliana Cavani und Amedeo Pagani deckt die psychologischen und psycho-pathologischen Strukturen des Faschismus auf, schildert in Rückblenden brutalste SS-Lagermethoden, offenbart die psychischen Störungen, die kalte Perversität der Herrschenden und der Beherrschten. Von der (Zwangs-) Prostitution weiblicher jüdischer Gefangener über morbide Partys der Offiziere bis hin zur öffentlichen Onanie zweier Insassen vor den Augen der gesamten Baracke bis hin zu den Aufsehern – Liliana Cavani zeigt Bilder in bis dahin nicht gekannter Drastik.

Und stellt sie der sog. Vergangenheitsbewältigung nach Kriegsende gegenüber. Die Naziclique, die sich regelmäßig in Maximilians Hotel trifft, besteht aus Schlächtern, die in unscheinbaren bürgerlichen Berufen untergetaucht sind. Doch wenn sie unter sich sind hinter geschlossenen Türen, dann leben die alte Ideologie und der alte Korpsgeist wieder auf – unter Wahrung aller Dienstgrade, versteht sich. Vergangenheitsbewältigung unter kollektivem „Sieg Heil!“-Gebrüll steht der nicht zu bewältigenden Vergangenheit des Opfers Lucia Atherton gegenüber.

Und was macht Horst Wendlandt vom Tobis-Verleih? Stellt die nackte Charlotte Rampling in den Mittelpunkt der Werbung („ein sadistischer Sexual-Thriller“) zum deutschen Kinostart am 14. Februar 1975, als handele es sich bei „Nachtportier“ um einen der unzähligen Sexstreifen deutscher Altfilmer-Provenienz der 1970er Jahre.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
119 min
Format:
1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Mono
Aufführung:

Uraufführung (FR): 03.04.1974

Titel

  • Originaltitel (IT) Il Portiere di Notte
  • Verleihtitel (DE) Der Nachtportier
  • Weiterer Titel (ENG) The Night Porter

Fassungen

Original

Länge:
119 min
Format:
1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Mono
Aufführung:

Uraufführung (FR): 03.04.1974