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Volker Koepp lässt dem 80-jährigen Gustav Jurkschat viel Raum, um vor der Kamera über sein Leben zu erzählen. Der aus Litauen stammende gelernte Schmied lebt seit dem Ende des zweiten Weltkriegs mit seiner Frau im mecklenburgischen Bad Doberan. Jurkschat berichtet über seine Jugend, seine Ausbildung, die beiden Weltkriege und über seinen langen Weg nach Mecklenburg. Koepp zeigt auch, wie der lebensfrohe, doch überlegte Mann russische und litauische Lieder singt und Akkordeon spielt, wie er im Park sitzt oder die umliegenden Dörfer besucht, einfach wie er ist. Kennengelernt hat Koepp den alten Mann über einen Freund, Jurkschats Sohn.
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„Von Gustav würden die Leute sagen: Ein einfacher Mann. Was ist das, ein einfacher Mann?“ lässt sich die Stimme Alexander Langs aus dem Off vernehmen. Gustav J. hat ein bewegtes Leben hinter sich. Er hat Kühe und Ziegen gehütet, Ziegelsteine auf Dächer geschleppt, aber nie eine Schule besucht. Weshalb er sich selbst anhand einer Fibel Lesen und Schreiben beibringen musste, erst Russisch, dann Deutsch und Litauisch.
Im Ersten Weltkrieg südlich von Moskau in Tula interniert ist er nach Orenburg gekommen, hat dort in einem Restaurant und später als Ölgehilfe auf einem die Wolga befahrenden Passagierschiff gearbeitet, bevor er wieder in die baltische Heimat zurückkehren konnte, wo er vor allem als Schmied gearbeitet hat. „Aber die lange Geschichte der deutschen Schuld“, erklärt uns Alexander Langs Stimme, „der Faschismus kommt bald und der Zweite Weltkrieg. Die einfachen Leute werden wieder wandern müssen.“
Gustavs neue Heimat ist seit Kriegsende Bad Doberan, die Kamera schwenkt auf die historischen Häuser im Stadtkern und die mitten durch diesen dampfende Bäderbahn „Molli“. Er hat viele Jahre in seinem erlernten Beruf als Schmied auf der Warnow-Werft gearbeitet, hat Neuerer-Vorschläge gemacht und ist als „Aktivist“ ausgezeichnet worden. Gustav J. ist stolz auf seine drei Söhne Kurt, Ewald und Herrmann, „drei Studierte“: ein Historiker, ein Mathematiker und ein Physiker. Von seiner Tochter Lilli erzählt er nichts – und von seiner wortkargen Gattin erfahren wir noch nicht einmal den Vornamen.
Volker Koepp gibt dem offenkundig mit sich und der Welt zufriedenen 80-Jährigen, der beim Familientreffen munter zum Akkordeon greift und dazu russische und litauische Lieder singt, viel Raum in seinem empathischen Porträt eines angeblich einfachen Mannes. Er hat Gustav über einen seiner Söhne, mit dem er befreundet ist, kennengelernt. Es war ein langer (Leidens-) Weg, bis dieser angekommen ist im Mecklenburgischen. Gustav ist gerne unterwegs, liebt das Meer, setzt sich auch in den Bummelzug und blickt auf die umliegenden Dörfer.
Pitt Herrmann