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Dies ist die Geschichte eines Films, der nie fertiggestellt wurde. Erhalten blieb ein Rohschnitt, der im Bundesfilmarchiv lagert. Er ist der längste Film, den ein Nazi-Propagandateam im Warschauer Ghetto drehte. Aufgenommen kurz vor der Deportation der Ghettobewohner, werden aufwendig ins zenierte Szenen vom vermeintlichen Luxusleben der Juden im Ghetto Ein stellungen gegenübergestellt, auf denen Hunger, Tod und Leiden der Bewohner zu sehen sind. Warum dieser Propagandafilm gedreht wurde und wer ihn sehen sollte, ist nicht bekannt. Teile des Filmmaterials tauchten nach dem Krieg als "Archivaufnahmen" in Dokumentationen über das Warschauer Ghetto auf.
Für ihren Film befragte Yael Hersonski Augenzeugen, die sich an die Dreharbeiten des Propagandafilms erinnern, suchte nach Aufzeichnungen in geretteten Tagebüchern von Bewohnern des Ghettos und fand das Verhörprotokoll des Kameramanns der Aufnahmen. Diese Zeugnisse belegen den Zynismus der damaligen Dreharbeiten und stellen die unkritische Verwendung so entstandener Aufnahmen in Frage.
Yael Hersonski: "Mehr noch als mündliche oder schriftliche Zeugnisse eignen sich Bilder für Interpretationen und Manipulationen. Mit dem Archivmaterial zum Holocaust setzte die erste systematische Film-Dokumentation von Kriegs verbrechen ein. Nachdem die Welt einen Teil der Verbrechen mit eigenen Augen hatte sehen können, waren die Bilder nicht länger, was sie zuvor waren. Etwas hat sich verändert, ein typisch menschlicher Schutzreflex wurde entfernt, und der Schleier aus Taubheit, der über dem Unfassbaren lag und den reinen Horror verbarg, wurde gelüftet."
Quelle: 60. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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