Inhalt
Auf den ersten Blick führen der Polizist Georg und seine Frau, die Grundschullehrerin Anne, ein glückliches Familienleben. Als Georg, der für seinen jüngeren Kollegen Michael ein echtes Vorbild ist, ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit von seiner Beförderung erfährt, verliert er durch den allseitigen Druck und die Erwartungshaltungen zusehends die Kontrolle über sein Leben – denn der schöne Schein seiner idyllischen Ehe ist nur Fassade: Georg wird von seiner Frau körperlich misshandelt. Die erwachsenen Kinder sehen hilflos weg, und Annes Eltern verstärken nur den psychischen Druck, der Anne zu körperlicher Gewalt treibt. An Heiligabend droht die Situation zu eskalieren.
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Eine lapidare, kleine Zeitungsmeldung war Ausgangspunkt für den 1979 in Düsseldorf geborenen Absolventen der Kölner Kunsthochschule für Medien (KHM), Jan Bonny, um zusammen mit dem erfahrenen Kameramann Bernhard Kellner („Sehnsucht“, „Fallen“, „Falsche Bekenner“) und zwei über sich hinauswachsenden Schauspielern (Matthias Brandt und Victoria Trauttmansdorff) einen Leinwand-Erstling zu drehen, der mehr als nur unter die Haut geht, der geradezu erschreckende körperliche Reaktionen auslöst noch im bequemsten Kinosessel – und das trotz seiner beschränkten ästhetischen Kammerspiel-Mittel und der Authentizität nur vortäuschenden Handkamera-Bewegungsunschärfe.
Essen in der Vorweihnachtszeit. Nächtlicher Routineeinsatz für die Streifenwagen-Besatzung Georg Hoffmann und Michael Gleiwitz. Bei einer Personenkontrolle geht der junge, ehrgeizige Heißsporn Michael ein unkalkulierbares Risiko ein und wird von seinem ruhigen, besonnenen und weitaus erfahreneren Kollegen Georg 'rausgehauen. Was Letzterer nicht an die große Glocke hängt, schon gar nicht seiner Frau gegenüber.
Anne ist eine attraktive Frau - und Grundschullehrerin. Eigentlich kein Grund, die Schultern hängen zu lassen. Zumal die beiden Kinder, Marie und Lukas, studieren und längst aus dem Haus sind. Georg und Anne gelten für ihre (berufliche) Umwelt als Traumpaar, aber so perfekt läuft es zwischen den beiden nicht - zumindest aus ihrer Sicht. Denn Georg ist schon seit über zwanzig Jahren Streifenpolizist und zeigt sehr zum Ärger ihrer bornierten Eltern keinen Ehrgeiz, auf der Karriereleiter höher zu steigen. Ein Vorwurf, den die beiden übrigens auch ihrer Tochter machen.
Es sind nicht nur die Kleinigkeiten des Alltags, die Anne aus der Bahn werfen. So nimmt sie die neue, sehr aktive und attraktive Grundschul-Referendarin Sabrina als Rivalin wahr, will nicht hinnehmen, dass ihr Sohn Lukas das Jura-Studium hinschmeißt, um Koch zu werden, und will schon überhaupt nicht begreifen, warum ihr Georg seine „Heldentat“ verschwiegen hat und die Tatsache, dass sein Chef Andreas Hinreich ihn für die Beförderung zum Kommissar vorgeschlagen hat.
„Immer dieser blöde Satz. Es ist kein Drama.“ Um den ewigen Ja-Sager Georg aus der Reserve zu locken, greift Anne bald nicht mehr nur zu verbalen, sondern immer stärker auch zu körperlichen Mitteln – bis hin zur massiven Gewalt, die sich bald auch nicht mehr gegenüber der Familie und den Kollegen verbergen lässt. Georg lässt sich von seiner Frau regelrecht verprügeln – widerstandslos. Die Situation eskaliert so weit, dass er scheinbar ungerührt eine Suppe löffelt, während sich nebenan auf dem Sofa Gattin Anne und Kollege Michael vergnügen. Eine solche Verdrängung von Wirklichkeit hat auch etwas Perverses: Dieser Film weckt niedere Instinkte im Publikum, sodass es wie eine Erlösung wirkt, als Georg – unter dem Weihnachtsbaum – endlich zurückschlägt!
Jan Bonny: „In 'Gegenüber' geht es vor allem um Abhängigkeiten, um Liebe, um Angst. Gewalt ist nur ein Kern der Geschichte. Es geht in diesem Film nicht vordergründig um die körperliche Aggression. Aber an ihr entzündet sich das Drama immer wieder neu, die Scham der Protagonisten, deren Erleben der eigenen Unfähigkeiten. Die beiden stehen in ihrer Beziehung, in der beide nach außen alles verstecken, unter einem ungeheuren Druck. Aus der Situation gibt es kaum einen Ausweg.“
Pitt Herrmann