Inhalt
Nach einem heftigen Streit verlässt der Mann von Steffi Zinn die gemeinsame Wohnung und verbringt auch die Nacht nicht zuhause. Am nächsten Morgen ist seine Frau Steffi unauffindbar und wird als vermisst gemeldet. Hauptmann Lohm übernimmt den Fall und sucht zunächst erfolglos nach Anzeichen, dass es sich um einen Mord gehandelt hat. Steffis Leiche wird aus einem See gefischt, und als nach ihrer Beerdigung ein Fremder, der kurzzeitig dem Begräbnis beiwohnt, ebenfalls tot in einem See aufgefunden wird, scheint eine Verbindung offensichtlich. Beim Toten wird ein Abschiedsbrief gefunden, in dem er sich als Mörder von Steffi bezeichnet. Lohm jedoch kann das Rätsel aufklären, und Steffis Ehemann als Mörder seiner Frau und des unbekannten Mannes überführen. Zinn war KZ-Arzt in Dachau und lebt unter falschem Namen. Der Fremde kannte seine wahre Identität und hatte Steffi über die dunkle Vergangenheit ihres Partners aufgeklärt.
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Carl Zinn flüchtet in die „Bierstube“ gegenüber und kann im Kinderzimmer der auswärts studierenden Tochter des Wirtes Zumseil übernachten. Als er am anderen Morgen nach Hause kommt, ist Stefanies Bett unberührt. Seine Frau bleibt auch den ganzen Tag über, den Carl bei seinen Zuchttieren, Ratten und andere Nager für medizinische Zwecke, verbringt, spurlos verschwunden. Auch ein Anruf seiner Sekretärin Zoll beim Rettungsamt bleibt ohne Ergebnis.
Als Carl Zinn auch in der Datsche vergeblich nach Stefanie gesucht hat, gibt er schließlich auf der Polizeistation eine Vermisstenanzeige auf – und bricht wenig später voll Sorge auf der Straße zusammen. „Nie hatten wir Streit, zwanzig Jahre nicht“ bekundet er im Brustton voller Überzeugung. Da sind die Hausnachbarn wie Frau Lemke freilich anderer Meinung und auch Adelheid bestätigt: Es gab in den letzten Wochen regelmäßig Streit.
Als eine Woche später im Langen See vor den Toren Berlins eine unbekleidete Frauenleiche entdeckt wird, nehmen Kriminalpolizei-Hauptmann Herbert Lohm sowie seine Kollegen Oberleutnant Werner Gallig und Unterleutnant Gerrit Reiß die Ermittlungen auf. Am Fundort werden keine weiteren Spuren gefunden, auch nicht die Kleidung der Toten, bei der es sich um Stefanie Zinn handelt. War es ein Unfall, Selbstmord oder Mord?
Abgebrochene und eingerissene Fingernägel der Leiche und ein Baumwollfaden lassen die Kriminalisten vermuten, dass es sich um ein vorsätzliches Tötungsdelikt handelt. Doch es gibt weder einen Tatverdächtigen, Carl Zinn hat in der besagten Nacht die „Bierstube“ nicht verlassen, noch ein Mordmotiv. Eifersucht kann ausgeschlossen werden, da die Zinns eine lange, enge und nach außen hin harmonische Beziehung führten. Die beiden hatten sich am Ende des Zweiten Weltkriegs auf der Flucht aus Ostpreußen kennengelernt: Stefanie war damals noch ein Kind und Zinn überführte die Vollwaise zu ihrer Großmutter nach Berlin. Nach deren Tod heirateten sie 1958 und lebten seitdem in gut situierter Zurückgezogenheit.
Eine überraschende Wendung bekommt der Fall, als unverhofft ein schriftliches Geständnis auftaucht. Ein älterer Mann, ein gewisser Hermann Josef Lorras, ist tot in seinem Vororthäuschen aufgefunden worden. Der Arzt geht von Selbstmord aus, zumal ein Abschiedsbrief vorliegt. In dem gesteht er den Mord an Stefanie Zinn, womit der Fall gelöst scheint. Doch für Hauptmann Herbert Lohm bleibt die Frage nach dem Motiv ungelöst, die ihm keine Ruhe lässt.
Woher kannte der Mörder sein Opfer? Erst eine weitere Befragung in der Nachbarschaft der Zinns, Fingerabdrücke auf einer Cognac-Flasche der nur im Exquisit – oder dem Intershop – erhältlichen Importmarke Hennessy und Feldpostbriefe im Nachlass von Lorras bringen Lohm auf eine neue Spur, die in eine dunkle NS-Vergangenheit von Letzterem zu führen scheint...
„Für Mord kein Beweis“ nach Motiven des Romans „Der Mann, der über den Hügel steigt“ von Rudolf Bartsch, gehört zu den raren Kriminalfilmen aus Babelsberger Produktion für die große Leinwand. Die Nachfrage des Publikums für Produktionen in diesem auch in der DDR sehr beliebten Filmgenre wurde zumeist durch Importe gedeckt, auch aus dem Westen, und für den Bildschirm gab es die außerordentlich populäre Adlershofer „Polizeiruf 110“-Serie, welche beinahe nahtlos die aufregende Wendezeit und gänzlich schadlos die Wiedervereinigung Deutschlands überlebt hat.
Was ideologische Gründe hat: im real existierenden Sozialismus ist kein Platz für Mord und Totschlag, höchstens für im „Polizeiruf 110“ aufgegriffene Fälle von Kleinkriminalität. So wollte Konrad Petzold auch in erster Linie einen Gegenwartsfilm schaffen vor dem Hintergrund der alltäglichen, also unspektakulären Ermittlungsarbeit der Volkspolizei-Kriminalisten Ende der 1970er Jahre. Dabei ist dem Defa-Erfolgsregisseur, der in vielen Genres daheim war, ein Krimi mit durchaus politischer Brisanz gelungen.
„Dieser Kerl ist kein Mensch“: Denn Carl Zinn heißt eigentlich Dr. Egon Leibchen und war an Menschenexperimenten im Konzentrationslager Dachau beteiligt. Hermann Josef Lorras, Student der Humanmedizin im fünften Semester, ist, zwangsweise in eine SS-Strafkompagnie versetzt, seinerzeit ihm zugeteilt worden. Lorras hat Leibchen, der nach Kriegsende bewusst im sozialistischen Deutschland geblieben ist, weil er sich dort sicherer fühlen konnte vor der Enthüllung seiner wahren Identität, wiedererkannt. Inzwischen schwer an Krebs erkrankt, hat er Leibchen alias Zinn einen Sterbehilfe-Deal vorgeschlagen...
Dass nationalsozialistische Täter auch im sozialistischen Deutschland Unterschlupf gefunden haben, galt bis zuletzt in der DDR als Tabu – Konrad Petzold hat es 1978 gebrochen. Der „große Herr mit einem kleinen Auto“, so Zinns Sekretärin Zoll über Hauptmann Herbert Lohm, hat nicht lockergelassen – im Übrigen auch nicht gegenüber seinen Vorgesetzten, die den Fall rasch zu den Akten gelegt haben wollten.
Pitt Herrmann