Inhalt
Es war einmal eine Witwe, die hatte zwei Töchter. Die eine häßlich und faul, die andere schön und fleißig. Weil aber die Schöne nur ihre Stieftochter war, mußte sie alle Arbeit verrichten, und zum Dank bekam sie nur Schelte. An diesem freudlosen Leben hätte sich für das Mädchen sicher nichts geändert, wenn ihr nicht eines Tages beim Spinnen die Spule in einen tiefen Brunnen gefallen wäre...
Quelle: Kinderfilm online
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Marie landet jedoch nicht an irgendeinem Grund des Wassers, sondern geradezu im Himmel - auf einer schönen Blumenwiese. Als sie auf dieser fortwandert, erlebt sie manche merkwürdige Begegnungen, die andere vielleicht ängstlich machen könnten. Aber ihr sonniges Gemüt und ihre stete Hilfsbereitschaft lassen sie alle Prüfungen bestehen, bis sie an das Tor zum Reich Frau Holles (etwas zu herb mit rollendem „r“: Mathilde Danegger) kommt. Die gute, mütterliche Frau freut sich über den munteren Neuzugang ihres Hausstandes. Marie zeigt sich in allen Dingen äußerst anstellig, ob am Herd in der Küche oder beim morgendlichen Schütteln der Federbetten - damit es auf der Erde schneit. Endlich gibt es wieder Schnee, rufen die Kinder auf der Erde begeistert aus und besteigen ihre Schlitten.
Marie plagt sich gerne und fühlt sich außerordentlich wohl bei Frau Holle, dennoch möchte sie eines Tages wieder nach Hause zurückkehren. Wofür Frau Holle volles mütterliches Verständnis hat. Sie belohnt Marie für ihren Fleiß und ihre Güte, in dem sie, als das Mädchen durch ihr Himmelstor schreitet, deren Kleid, ihre Schuhe und die Spule in pures Gold verwandelt. Daheim ist die erstaunte Stiefmutter zunächst überaus freundlich. In Wahrheit will sie Marie nur aushorchen, wie es zugegangen ist, dass sie so reich beschenkt wurde. Und ihre neidische Schwester will es ihr, angestachelt von der Mutter, gleichtun. Diese muss jedoch ihr ängstliches „Herzenskind“ förmlich in den Brunnen schubsen, bis diese auf besagter Blumenwiese landet – und als Erstes Jagd auf Schmetterlinge macht.
Stimmen aus dem Backofen, die sich, Wilhelm Busch lässt grüßen, wie eingesperrte Kinder anhören, ignoriert sie aus Angst, sich schmutzig machen zu können. Auch die Hilferufe reifer Äpfel, die vom Baum geschüttelt werden wollen, überhört das faule Kind, das freilich mit Genuss in ein besonders schönes Exemplar beißt, um es sogleich wieder achtlos fortzuwerfen. Und den Dienst bei Frau Holle absolviert sie mehr als nachlässig. So eine faule Socke wird natürlich nicht mit Gold belohnt, sondern mit Pech bestraft, welcher sich nicht abschrubben lässt, als Mutters „Herzenskind“ wieder auftaucht. Die in der festen Erwartung des Triumphes bestellte Kapelle spielt nun der Dorfjugend auf, die sich mit Goldmarie und viel Gesang (Musik: Joachim Dietrich Link) zur munteren Schlittenfahrt formiert...
Günter Kaltofen und Gottfried Kolditz erzählen „Frau Holle“ nach dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm eher konventionell, aber ihr sechzigminütiger Kinderfilm besticht durch eine ganz eigene Ästhetik (Kamera: Erich Gusko), stilisiert und doch phantasievoll-poetisch. Das Geschehen spielt sich in einem abstrakten Raum ab, die Requisiten wie Brunnen, Mobiliar, Küchengeräte, der Taubenschlag oder Frau Holles ehernes Tor sind in diesem wie Kinderspielzeug, das dem Puppenstuben-Maßstab entwachsen ist, freigestellt. Dabei handelt es sich nicht um gemalte Pappkulissen wie sonst üblich: die glatte, wie poliert erscheinende Form und die starke Farbigkeit der Gegenstände wie der Figuren erinnern an Erzgebirgische Holzschnitzereien. Bestimmte Requisiten wie Brennholzstapel bestehen dagegen ganz realistisch aus gespaltenen Scheiten, wie es sich auch bei den Tieren vom Kätzchen über den stolzen Hahn bis hin zum Schlittenpferd um lebende Exemplare handelt. Wie, naturgemäß, auch bei den Schauspielern. „Frau Holle“ ist in der Defa-Version also eine ganz besondere Mischung.
Pitt Herrmann