Feriengewitter

DDR 1988/1989 TV-Film

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Heinz17herne
Heinz17herne
Plattenbau-Idylle in Berlin. Ferien auf Balkonien. Daniel (Etienne Charlé) hängt in seinem Zimmer ab - in der Hängematte. Weil Papa Peter Wunderlich (Joachim Lätsch) keinen Urlaubsplatz bekommen hat. Also vier Wochen lang Tierpark Friedrichsfelde oder Baden im Müggelsee. Wie wäre es mit einem Abenteuerurlaub? Also mit einer Fahrt ins Blaue ohne gesicherte Unterkunft?

„Wir solltens ihm jetzt sagen!“: Mutter Rosie Wunderlich (Bärbel Röhl) wäre nicht abgeneigt, denn es werden die letzten gemeinsamen „Großen Ferien“ sein: Daniels Eltern wollen sich scheiden lassen und bringen es nicht übers Herz, es ihrem Jungen zu beichten. Für die erste Nacht auf dem Weg nach Sachsen reicht ein provisorisches Lager auf der Ladefläche des Lada-Kombis, aber irgendwer kommt mit den Füßen immer an die Hupe und so wird’s eine kurze Nacht ohne Ruhe.

Vor dem Dorfladen der LPG „Freie Erde“ kommt es zu einer folgenschweren Begegnung: Daniel wird von der in etwa gleichaltrigen Lucie Müller (Sandra Puhlmann) angemacht, einer rotzfrechen Göre, die auch noch ihr Kaugummi auf der Lada-Frontscheibe hinterlässt. Das kesse Mädchen sei „der Schrecken der Genossenschaft“, werden die Wunderlichs von einer freundlichen älteren Dame namens Herzog (Eva Schäfer) aufgeklärt, die ihnen spontan, als kleine Kompensation, ihre seit längerem verwaiste Dachwohnung, wo einst ihr Sohn mit seiner Frau gelebt hat, als Feriendomizil offeriert.

Frische Luft, schöne Gegend mit einer ganzen Menagerie an Nutz- und Haustieren – warum nicht für ein paar Tage? Dann aber solls abenteuerlich werden beim Klettern im Elbsandsteingebirge. Bei der Dorfjugend, darunter mit Stefan, Thomas und Rainer die drei Brüder Lucies, hat Daniel zunächst einen schweren Stand – als Städter aus dem fernen Berlin. Aber Lucie lädt ihn ins Baumhaus ein und überredet ihn zu einer Mutprobe auf der Kuhweide, die Daniel glänzend besteht.

Nun wartet die weitaus schwierigere Aufgabe auf die beiden – eine angebliche Mumie in der Revierförsterei, wo der alte Wegner (Christoph Engel), der Bruder der Vermieterin Herzog, ein weltabgewandtes Dasein fristet und jeden persönlichen Kontakt meidet. Hat er etwa seine schon vor vielen Jahren verstorbene Frau einbalsamieren lassen? Jedenfalls kanns in den sächsischen Alpen nicht spannender sein als hier, weshalb Daniel unbedingt dableiben will. Die beiden Kinder steigen tatsächlich nachts durch die Kellertür ins Forsthaus ein – und finden im Obergeschoss ein mit weißen Laken verhülltes Wesen vor, sodass es ihnen gruselt und sie fluchtartig die Stätte des Grauens verlassen.

Der sie sich anderntags mit einem Korb Pfifferlinge wieder nähern, um den Förster auszufragen. Der gar nicht so bärbeißig ist, wie ihm im Dorf nachgesagt wird, sondern die Kinder zum Abendessen einlädt. Auch als Dank dafür, dass Lucie und ihre Brüder im Frühjahr Nistkästen aufgehängt und im Winter die Tiere des Waldes gefüttert haben. Dabei plaudert Wegner nebenbei aus, was er kürzlich von Rosie und Peter Wunderlich zufällig mitbekommen hat: Daniels Eltern wollen sich scheiden lassen. Für den Jungen ist das Abendbrot gegessen, noch bevor die Pilze gesäubert worden sind.

Es lässt sich nun nicht mehr verheimlichen: Rosie und Peter sind jeweils wieder neu liiert und streiten eigentlich nur noch um das Sorgerecht. „Ich wüsste nicht, bei wem ich bleiben soll“: Daniel, von Lucie, die selbst in einer Patchworkfamilie lebt, und das hier auf dem Lande gar nicht schlecht, getröstet, darf bei Frau Herzog auch den Rest der Ferien zubringen, während seine Eltern in der Hauptstadt nun getrennte Wege gehen. Apropos Berlin: Dorthin führt Daniel seine Freundin für einen Tag, an dem er offiziell seinen Onkel Erwin besucht – ein nachhaltiges Erlebnis für Lucie, die sich nicht vorstellen kann, in diesem Trubel leben zu wollen. Obwohl die Fahrt mit dem Riesenrad im Plänterwald schon toll gewesen ist. Der Besuch in der BVG-Tramwerkstatt, in der Papa Wunderlich als Meister arbeitet, dagegen eher nicht: haben sie doch Peter mit seiner um einiges jüngeren Kollegin Susanne „erwischt“...

Auch Förster Wegner, inzwischen sowas wie der gute Opa Daniels, erzählt, dass seine Ehe nicht gehalten hat: seine Gattin ist mit seinem besten Freund durchgebrannt. Weshalb die Skulptur, die ein befreundeter Künstler von ihr gemacht hat, nun als verhüllte „Mumie“ in der Abstellkammer steht. „Du kommst zu uns. Einer mehr fällt gar nicht auf“: Am Ende wird aus Daniel dann doch kein Müller, weil sich seine Eltern im letzten Moment noch versöhnen. Am Krankenbett ihres Sohnes, der beim Versuch, für „Opa“ Wegner einen wilden Bienenschwarm einzufangen, vom Baum gefallen ist. Lucie muss nun ohne Hilfe die Mathestunden überstehen: „Ich fass' es nicht!“

„Feriengewitter“ hat, auch für einen Kinderfilm aus Defa-Produktion, ein arg pädagogisches Finale. Und gehört dennoch in die Reihe der sehr realitäts-, d.h. alltagsbezogenen Arbeiten von Karola Hattop. „Wir sind doch auch geschieden“: Mit einer grandiosen Sandra Puhlmann als frecher, Zigaretten rauchender und als einziges Mädchen unter lauter Jungs dem Fußball nachjagender Göre, hinter deren großer Klappe ein durchaus sensibles Wesen steckt. Und die längst begriffen hat, was „Opa“ Wegner seinen „Enkeln“ mit auf den Weg gibt: „Die wirkliche Schönheit eines Menschen liegt nicht in seinem Äußeren“ - sondern in der Wärme und der Liebe, die er anderen gibt.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Kamera

Darsteller

Alle Credits

Drehbuch

Szenarium

Dramaturgie

Kamera

Kostüme

Darsteller

Produktionsleitung

Länge:
2417 m, 88 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 24.03.1989, DDR-FS

Titel

  • Originaltitel (DD) Feriengewitter
  • Arbeitstitel (DD) Plötzlich an einem Ferientag

Fassungen

Original

Länge:
2417 m, 88 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 24.03.1989, DDR-FS