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Kinoadaption des gleichnamigen Sachbuch-Bestsellers von Maxim Leo und Jochen Gutsch. Der erfolgreiche Schriftsteller Paul und die gefragte Synchronsprecherin Emilia galten bei Freunden stets als das absolute Traumpaar: Harmonisch, glücklich, erfolgreich, mit drei charmanten Kindern namens Bo, Marie und Fe. Nun aber, mit Ende 40, droht der Beziehung eine Krise. Der Grund: Paul und Emilia realisieren, dass sie zu den "Älteren" gehören – jung sind auf einmal nur noch die anderen. Während Emilia sich auf einen One-Night-Stand mit dem jüngeren Ruben einlässt und eine Beziehungspause einlegen möchte, um sich noch einmal voll ins Leben zu stürzen, ist Paul wie gelähmt. Die eigentümlichen Ratschläge seiner Freunde Theo und Jonathan sind keine Hilfe, und als dann auch noch sein neues Buch vom Verlag als "hoffnungslos" abgelehnt wird, droht er endgültig in Depressionen zu verfallen. Schließlich beginnt er eine Affäre mit der jungen Lehrerin seiner Tochter, aber auch das macht ihn nicht wirklich glücklich. Als Paul und Emilia sich bei der Geburtstagsfeier eines Freundes über den Weg laufen, eskaliert die Situation.
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Mit reichlich Slapstick beginnt Florian Gallenbergers Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers. Das „Trostbuch für Alterspubertierende“ von Maxim Leo und Jochen Gutsch erschien 2018 bei Ullstein und ist zum Kinostart neu aufgelegt worden. Es definiert den Gegenstand des äußerst launig geschriebenen Ratgebers als krisenhaften Zustand der Unsicherheit in der Mitte des Lebens, in dem die Forty- und Fifty-Somethings, hormonell schwer verwirrt, den Sinn ihres bisherigen Daseins kritisch überdenken und in Zweifel ziehen.
Das gilt, für ihre Freunde überraschend, auch für den Schriftsteller Paul, Autor sehr erfolgreicher Romane über die „Generation Golf“, und seine Gattin Emilia, die eine vielversprechende Karriere als Schauspielerin zugunsten ihrer Familie aufgegeben hat und nun nebenbei als Synchronsprecherin für Telenovelas jobbt. Beim Traumpaar mit ihren Vorzeige-Kindern Bo, der alles wissen möchte, Marie, die alles weiß, und Fe, die schnippisch und dennoch romantisch ist, hat sich Gewohnheit eingeschlichen. Mit Ende vierzig kommen die körperlichen Einschläge näher, was Paul ganz konkret erleidet unter den Händen der nicht zimperlichen Physiotherapeutin Dr. Lenz (herrliche Episodenrolle: Cordula Stratmann): die Haare werden dünner, die Sehkraft lässt nach – und die Libido auch.
„Mein Mann ist mal 800 Kilometer gefahren, nur um mit mir zu schlafen. Jetzt ist ihm schon die andere Seite des Betts zu weit weg“ klagt Emilia über Paul, der sich, ans Publikum gewandt, mit der alltäglichen Routine rechtfertigt: „Letztes Wochenende wollte sie Marmelade einkochen.“ Als Emilia zum wöchentlichen Spieleabend zu ihren Freundinnen Magda und Heike unterwegs ist, landet sie zur eigenen Überraschung bei einer Party. Das „Risiko“-Spiel mit dem jungen, knackigen und ein wenig kindlich-verspielten Ruben entwickelt sich zu einem veritablen One-Night-Stand.
Den Emilia am anderen Tag ihrem Mann beichtet, der sich naturgemäß wenig amüsiert zeigt und den Gekränkten spielt. Womit er nicht rechnet: Die dreifache Mutter schlägt eine Auszeit vor, um mit Abstand neue Dinge zu versuchen. Zum Entsetzen der Kinder zieht Paul aus – in eine kleine Wohnung im schäbigen Hinterhof-Milieu. Was auch mit seiner beruflichen Flaute zu tun hat ohne Hoffnung auf Besserung für seinen Verleger Güldenberg. Während Emilia zunehmend aufblüht an Rubens Seite, verschlampt Paul – nicht nur was die versiffte Wohnung betrifft. Auch die fragwürdigen Ratschläge seiner Freunde Theo und Jonathan sind keine Hilfe.
Antidepressiva und Testosterontabletten haben plötzlich ausgedient, als Paul zum Gymnasialdirektor (auch auf Heinrich Schafmeisters Schreibtisch fehlt eine Kugel im Pendelspiel) gerufen wird: Seine jüngere Tochter Marie wird von ihrer neuen, jungen Klassenlehrerin Eva Schneiderhahn als sehr lebendig geschildert. Diese offeriert ihm eine dreitägige Klassenfahrt in die bayerischen Alpen als elterliche Begleitperson, woraus sich bald eine Affäre entwickelt: Eva ist mit Pauls Bestsellern aufgewachsen und sein größter Fan.
Als Paul auf der Feier zum 50. Geburtstag der gemeinsamen Freundin Heike seine Gattin wiedersieht, bricht aus ihm der ganze Frust heraus und er schleudert allen Gästen im „Gammelfleisch“- Alter unangenehme Wahrheiten ins Gesicht. Nur Theo scheint über den Dingen zu schweben, dabei wird er noch einmal - und ganz ungewollt – Vater. Nun will Paul die Scheidung und wird von Eva beim Karaoke in seiner Stammkneipe moralisch wieder aufgebaut. Emilia dagegen ist nicht nur stolz, wieder begehrtes Liebesobjekt zu sein: „Man kann ja nicht an seinem Urlaubsort leben.“ Weil es auch Paul auf Dauer nicht reicht, nur als Mann einer sexsüchtigen Lehrerin gefordert zu werden, könnte es trotz Scheidungstermin noch etwas werden mit dem einstigen Traumpaar, zumal sich ausgerechnet die aufsässige, stets kurz angebundene Fe als Familienmensch auf Suche nach Geborgenheit entpuppt...
„Es ist nur eine Phase, Hase“ ist eine turbulente, mit Altherrenwitzen durchsetzte Familien- und Buddy-Komödie und trotz einer Klasse-Besetzung ästhetisch nur ein auf Kinoformat gepowertes Fernsehspiel. Das üblicherweise in einer materiell abgesicherten Wohlstandsgesellschaft angesiedelt ist samt absehbarem Happy End. Dennoch genau der richtige Stoff zum Ablästern bei einem Piccolöchen am Kino-Damenabend. Für mich die beste Szene ist eine marginale: „Ist schon ein Glück, ein ganzes Leben miteinander verbracht zu haben“ sagt ein alter Mann (Manfred Böll) am Restauranttisch zu seiner Frau, deren Hände er dabei zärtlich streichelt.
Pitt Herrmann