Ein toter Bruder

Deutschland 2004/2005 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Jakob und Annette, seit der Studienzeit ein Paar ohne Trauschein, sind auf dem Weg zur Arved, in dessen an der Ostsee gelegenen Villa eine Ehemaligen-Party mit Studienkollegen zum Zehnjährigen des Examens stattfindet. Der Gastgeber, ein Jungpolitiker mit Blitzkarriere, hat dem bislang erfolglosen und gerade wieder arbeitslos gewordenen Journalisten Jakob einen attraktiven Job an seiner Seite angeboten und will, da Jakob für diesen an die Ostsee umziehen müsste, sich auch um das berufliche Fortkommen von dessen Freundin Annette kümmern.

Die Party kommt sogleich mächtig in Schwung. Jakob freut sich, seine erklärte Lieblingskommilitonin Birte wiederzusehen, die ihm einige Stunden später beim intimen Klammerblues gesteht, nun ein Verhältnis mit Arved zu haben. Die attraktive, aber stets etwas kühl wirkende Anette wird derweil von Klaus angebaggert und auch sonst geht es in der Villa und im weitläufigen Gelände, das unmittelbar an die Ostsee-Steilküste grenzt, bald so freizügig zu wie in alten Zeiten.

Doch für Annette ist die Partystimmung rasch vorbei, als sie Arveds im Rollstuhl sitzende Frau Diana entdeckt. Danach will sie nur noch weg: Diana ist als Kind gemeinsam mit Annettes Bruder bei einer Fahrt in einer ausrangierten Ponykutsche verunglückt und hat Annette jahrelang mit Schuldvorwürfen verfolgt, weil sie ihren Bruder zu der Fahrt angestiftet haben soll, bei der dieser tödlich verunglückte und die sie zum „Krüppel“ gemacht hat.

Jakob überredet seine Freundin zum Bleiben, zumal Arved sich völlig ahnungslos gibt. Er bittet Annette sogar, sich um seine Frau, die sich von größeren Gesellschaften stets fernhält, zu kümmern. Annette sucht Diana, die sich mit dem Rollstuhl an die Steilküste (gedreht wurde in Ahrenshoop) zurückgezogen hat, auf und wird von ihr mit einer abstrusen Komplott-Geschichte konfrontiert.

Danach sei Arved ein Politiker, der auf ihre Kosten Karriere gemacht habe („Ich bin der Vorzeige-Krüppel eines korrupten Politikers“), der sie seit geraumer Zeit betrüge und sich bei Bauaufträgen, die das Land vergibt, persönlich bereichere. Sie habe mittlerweile genug belastendes Material gesammelt. Arved wolle sie töten und Annette, eingedenk der tragischen Ereignisse in der Jugendzeit, als Schuldige erscheinen lassen: „Arved ist das falscheste und skrupelloseste Schwein, das in diesem Land, das Karriere macht“.

Tatsächlich finden Jakob und Annette kurze Zeit später in Dianas Zimmer belastende Unterlagen, darunter Kalkulationen sowie einen verfänglichen Liebesbrief. Als Annette noch in der gleichen Nacht entdeckt, dass Diana von den Klippen gestürzt ist, scheint sich der Verdacht gegen Arved zu erhärten. Zumal die belastenden Unterlagen aus Dianas Geheimversteck verschwunden sind. Während die Party unten munter weitergeht, schließt sich Jakob in Arveds Arbeitszimmer ein, um mitten in der Nacht mit Handy und Laptop seine früheren Redaktionskollegen auf den „Fall“ anzusetzen. Und sie scheinen bei ihren Recherchen tatsächlich binnen kürzester Zeit fündig geworden zu sein...

Mit „Ein toter Bruder“ hat das bereits mit zwei Grimme-Preisen in Gold ausgezeichnete Erfolgsgespann Daniel Nocke/Stefan Krohmer einen hochkarätig besetzten Psychothriller gedreht, der die mittlerweile etablierten Angehörigen der „Generation Golf“ in ein denkbar schlechtes Licht rückt. Der Film, dessen überraschende finale Wendung natürlich nicht verraten wird, setzt zahlreiche falsche Fährten. Michael Rotschopf spielt den Arved als einen karriereversessenen Jungpolitiker wie aus dem Bilderbuch: Seriöses Auftreten, Outfit wie aus dem Ei gepellt noch in den frühen Morgenstunden nach durchzechter Nacht und „Quicki“ mit Birte, stets freundlich-gelassen und verbindlich-souverän im Ton, Herr der Lage in allen Situationen. Einem solchen Typen traut man alles zu: Dass er seine an den Rollstuhl gefesselte Frau gnadenlos dazu benutzt, um Karriere zu machen, dass er in die eigene Tasche wirtschaftet, dass er ein Mordkomplott gegen Diana ausheckt und dabei den Verdacht auf Annette lenkt, um den eigenen Vorsatz zu verschleiern.

Thomas Dannemann, „Schauspieler des Jahres 2004“ bei der „Theater heute“-Kritikerumfrage, verkörpert Jakob als einen gutmütigen wie gutgläubigen Loser, der für die Aussicht, endlich einmal auf die Sonnenseite des (Berufs-) Lebens zu gelangen, sogar seine Freundschaft zu Annette aufs Spiel setzen würde. Bis ihm die Ereignisse einen Strich durch die Rechnung machen und er vom gescheiterten, unsicheren Journalisten, der jegliches Selbstvertrauen verloren hat, zum investigativen Rechercheur mutiert. Schließlich Marie Bäumer als Annette: die sonst stets so kühle, souveräne Blonde, scheint stets am Rande des Nervenzusammenbruchs zu stehen, wirkt zunehmend nervös, fahrig, hysterisch.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Titel

  • Originaltitel (DE) Ein toter Bruder

Fassungen

Original

Länge:
85 min
Format:
16:9
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

Uraufführung: 08.07.2005, Arte