Credits
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Regie
Drehbuch
Bauten
Darsteller
Produktionsfirma
im Auftrag von
Länge:
2800 m, 98 min
Format:
35mm, 1:1.33
Bild/Ton:
s/w
Aufführung:
Uraufführung (DD): 27.12.1964, DFF
Titel
- Originaltitel (DD) Egon und das achte Weltwunder
Fassungen
Original
Länge:
2800 m, 98 min
Format:
35mm, 1:1.33
Bild/Ton:
s/w
Aufführung:
Uraufführung (DD): 27.12.1964, DFF
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Der 1964 entstandene Film musste natürlich vorsichtiger zu Werke gehen, doch was die damalige Zensur passierte und ein Jahr später auch die Zensur-Keule des 11. Plenums des Zentralkomitees der SED überstand, also nicht im Adlershofer Giftschrank verschwand, kann sich auch aus heutiger Sicht sehr wohl sehen lassen – und man kann das enorme Aufsehen nachvollziehen, welche die Erstausstrahlung im „Deutscher Fernsehfunk“ genannten DDR-Fernsehen am 27. Dezember 1964 nach sich zog. Welches freilich auch, Hildegard Knefs analoge West-Erfahrungen lassen grüßen, an damals eher nicht jugendfreien Szenen (samt blankem Busen) im norddeutschen Schilf lag, vor allem aber an der unverhohlen kritisch-schnoddrigen Aufmüpfigkeit junger „Boys“ vom „Borkheider Musical-Club“ gegenüber den hehren Parteizielen und ihren knöchernen Vertretern im oder ohne Blauhemd.
„Egon und das achte Weltwunder“ ist die Geschichte eines unkonventionellen, musikbegeisterten jungen Arbeiters, der sich nicht nur in eine gleichaltrige Abiturientin verliebt und sich damit über den auch im ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden grassierenden Standesdünkel hinwegsetzt, sondern der sich zusammen mit anderen „Outsidern“ zu einer Band zusammenschließt, die ihr Leben abseits der staatlichen FDJ- und Klubhauskultur gestaltet. Es ist aber zugleich auch die durchaus staatsideologiekonforme Geschichte einer Wandlung zum Guten durch die Allianz von Arbeiterklasse und Intelligenz: Der Bauarbeiter Egon (Gunter Schoß) verliebt sich auf einem Abiturball nicht nur in die „achtes Weltwunder“ genannte so schöne wie spröde Blondine Christine (Traudel Kulikowsky), nachdem er die Tochter des Kreisarztes und künftige Studentin zum Tanz aufgefordert hat. Sondern der vorbestrafte Nicht-Parteigenosse und „Niethosen“-Träger Egon wird zum Brigadier ernannt und führt künftig eine Jugendbrigade, die in der mecklenburgischen Provinz die „Große Wiese“ trockenlegen soll, um hier neue Acker- und Wirtschaftsflächen entstehen zu lassen. Melioration nannte man das in der DDR. Dabei bleiben die Lederjacken-„Boys“ vom „Borkenheider Musical-Club“ auf der Strecke: Sie denunziert der Film als Outsider, die sich nicht in die Gesellschaft einfügen wollen. Egon, der positive Held, hat dagegen auch gegen den erklärten Willen des FDJ-Leiters den Absprung geschafft: Er wird sich, mit Christines Hilfe besonders in Mathe und Physik, für höhere Aufgaben qualifizieren...
Wie in der Leinwand-Adaption des übrigens bis zur „Wende“ in der DDR erhältlichen Romans „Spur der Steine“, dem nach dem 11. SED-Plenum 1965 verbotenen Film mit Manfred Krug in der Rolle eines zu aufmüpfigen Bau-Brigadiers, steht in „Egon und das achte Weltwunder“ ein unorthodoxer und selbstbewusster Vorarbeiter im Mittelpunkt. Der DDR war es in ihrem Mitte der 1960er Jahre noch voll entbrannten Kampf um die ökonomische Vorherrschaft gegenüber dem kapitalistischen Westen an selbständig denkenden und beherzt handelnden Menschen, die noch nicht den Weg zum Sozialismus gefunden hatten, gelegen. Was sich entsprechend im DDR-Film widerspiegelte. Und sich dann allerdings bald gegeben hat: Der Osten hinkte dem Westen nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Jugend-Kultur immer weiter hinterher.
„Egon und das achte Weltwunder“ ist die erste Regiearbeit von Christian Steinke, bis dahin Assistent von Kurt Jung-Alsen bei der Defa. Steinke hat knapp zwanzig Jahre später mit „Das Puppenheim in Pinnow“ einen weiteren Wohlgemuth-Roman verfilmt. Die „gesamtdeutsche“ Erstausstrahlung erfolgte am 9. März 1996 im „Dritten“ des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB).
Pitt Herrmann