Drei reizende Schwestern. Das blaue Krokodil

DDR 1989/1990 TV-Film

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Heinz17herne
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Lotte Bumke (Marianne Wünscher) ist nicht nur von der Muse geküsst. Denn ihr rechter Arm liegt in der Schlinge, nachdem die Berliner Kriminalschriftstellerin Realität und Fiktion verwechselt und am Alexanderplatz einen angeblichen Kaufhausdieb dingfest gemacht hat. Der sich nicht nur ihrem Zugriff erwehrte, sondern sich auch noch als Detektiv des Centrum-Warenhauses herausstellte. Nun kann Herbert Herkules, so das der Glaubwürdigkeit beim Publikum geschuldete männliche Pseudonym der Autorin, den neuen Roman nicht mehr selbst zu Papier bringen, weshalb Mathilde Lehmberg (Helga Göring) die Tastatur ihres Schreibmaschinen-Dinos quält. Mit ihrem Ein-Finger-System kommt sie freilich nicht weit.

Da trifft es sich gut, dass sich mit Meinhard Seidenspinner (Lutz Jahoda) ein gern gesehener Gast selbst zu Kaffee und Kuchen eingeladen hat. Nach der Trennung von Irmgard Schulze-Knopf (Ingeborg Krabbe) lässt er es sich gerne bei der Schwägerin gut gehen. Das Kränzchen komplettiert Mathildes Schwester Olga Knopf (Marianne Kiefer), die offenbar einen wichtigen Brief erhalten hat. Aber beim sogleich ausbrechenden Zickenkrieg mit Lotte Bumke gar nicht dazu kommt, Einzelheiten aus dem Schreiben preiszugeben. Zumal mit Irmgards Tochter Yvonne (Annette Gunkel) und Meinhards Sohn Bodo (Rainer Doering) zwei junge Leute hineinstürmen, die gern bei Irmgard aus- und in ein freies Zimmer bei Tante Mathilde einziehen würden.

Mathilde aber will nur an einen seriösen älteren Herrn vermieten, der ihr keine Scherereien bereitet. Erwin Persicke (Kaspar Eichel), der plötzlich auf der Matte steht, fällt nicht in diese Kategorie, obwohl er sein norddeutsches Kleinstädtchen Eltenhagen, das wie Altenhagen im Mecklenburgischen liegt, mit Berlin vertauschen möchte – auf Wunsch seiner Mutter Frieda Persicke (Marianne Wünscher): die will den Dreißigjährigen endlich unter der Haube sehen und setzt auf die größere Auswahl an Heiratskandidatinnen in der Hauptstadt. Dass auch dieses Ansinnen mit dem geheimnisvollen Brief zusammenhängt, den Olga erhalten hat, ergibt sich erst später. Denn mit Irmgard schneit nicht nur die Jüngste der drei reizenden Schwestern herein, sondern auch die Temperamentvollste – was Erwin Persicke förmlich umhaut. „Irmelinchen“ wäre ganz sein Fall…

„Ich glaub‘ ich hab‘ Post“: Mathilde schnasselt sich einen zu Beginn des 2. Aktes, als Bar des selbst aufgesetzten Kräuterlikörs dient ihr ein wunderschöner gelber Briefkasten der Deutschen Post aus längst vergangenen Tagen. Es war aber auch eine Menge, das auf sie eingestürmt ist in jüngster Zeit. Den Brief eingeschlossen, hinter dessen Geheimnis sie inzwischen gekommen ist: Frieda Persicke möchte mit Sohn nach Berlin ziehen im Tausch für ihre Restauration „Zum blauen Krokodil“. Doch zunächst kündigt sich mit Guido von Putlitz (Marianne Wünscher) ein Logiergast an, der Mathildes Anforderungen entspricht: ein stattlicher pensionierter Oberförster. „Irmelinchen“ ist ganz begeistert über den Blaublütigen: „Ein ‚Von‘ wäre wirklich etwas Neues in meiner Sammlung.“ Dass sich hinter dieser operettenhaften Verkleidung die Bandleaderin einer Damenkapelle verbirgt, die Olga gerne bei ihrer Schwester untergebracht sähe, kann Mathilde noch nicht einmal ahnen – im Gegensatz zum Publikum im Kulturhaus des Ostseebades Zinnowitz, in dem die sieben zwischen 1984 und 1991 entstandenen Episoden der Reihe „Drei reizende Schwestern“ von Goetz Jaeger aufgezeichnet wurden, bevor sie das DDR-Fernsehen jeweils am Silvesterabend ausstrahlte.

Im „Blauen Krokodil“ in Eltenhagen geht’s im 3. Akt dann – endlich - richtig zur Sache. Die scheinbar fast blinde Frieda Persicke tapert durch ein Etablissement mit Ballsaal, das Olga sogleich für sich reklamiert. Doch auch Schwester Irmgard, als Berliner Kaffeehausbesitzerin immerhin vom Fach, erhebt Ansprüche. Und selbst der Nachwuchs könnte sich vorstellen, das beliebte touristische Domizil an der Seenplatte mit Berlin zu tauschen. Lotte Bumke dagegen bemächtigt sich des angeblich elektronisch gesicherten Namensgebers und sperrt Meinhard Seidenspinner wie eine Mumie in einen Wandschrank: Sie nutzt das „Blaue Krokodil“ als Inspirationsquelle für ihren neuen Krimi. Am Ende bringt Sybille da Costa (Marianne Wünscher) mit ihrer Damenkapelle „Rokoko Concept“ Musical-Flair (Musik: Gerhard Siebholz) in die etwas verstaubte „Goldgrube“: alles Mambo…

Das revuehafte Finale des sechsten und damit vorletzten Neunzigminüters, zur Wendezeit am 2. März 1990 im DDR-Fernsehen (das zehn Tage später wieder in „Deutscher Fernsehfunk“ umbenannt wurde) erstausgestrahlt, ist noch das Beste an diesem teilweise arg anzüglich-deftigen, 1990 bereits völlig aus der Zeit gefallenen Fernsehschwank. Gleich in vier Rollen ist Publikumsliebling Marianne Wünscher zu erleben, die freilich nur als Sybille da Costa etwas Schwung auch in Herbert Frankes Kameraarbeit zu bringen vermag. Unter dem Strich kein Vergleich zum Vorbild Goetz Jaegers, der von Heinz Oskar Wuttig ins Leben gerufenen TV-Serie „Drei Damen vom Grill“ des Senders Freies Berlin, die zwischen 1976 und 1991 im in weiten Teilen der DDR empfangbaren Westfernsehen ausgestrahlt wurde: Brigitte Mira, Brigitte Grothum und Gabriele Schramm glänzten als West-Berliner Imbissbudenbesitzerinnen in 140 Episoden der zwölf Staffeln.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Aufführung:

Uraufführung (DD): 02.03.1990, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) Drei reizende Schwestern. Das blaue Krokodil

Fassungen

Original

Aufführung:

Uraufführung (DD): 02.03.1990, DDR-TV