Die unverbesserliche Barbara

DDR 1976/1977 Spielfilm

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Heinz17herne
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Barbara war als Schwimmerin außerordentlich erfolgreich. Als Mitglied der DDR-Nationalmannschaft hat sie internationale Erfahrungen sammeln können, sodass für alle ihre Mitstreiter klar war, dass sie, wenn sie den Leistungssport an den Nagel hängt, diese an junge Menschen weitergibt. Doch statt ihre Karriere als Trainerin fortzuführen, ist sie ihrem Mann, dem Mathematiker Herbert, in die entlegene Provinz gefolgt. Wofür niemand aus ihrem Freundeskreis Verständnis zeigt: „Die Nixe liegt auf dem Trockenen.“

Auch die Direktorin (Ingeborg Ottmann) der Baumwollspinnerei der kleinen Stadt Ergsleben (gedreht wurde im VEB Baumwollspinnerei und Zwirnerei Leinefelden) ist durchaus skeptisch, ob die prominente Sportlerin hier Wurzeln schlagen wird. Wo der Ort doch noch nicht einmal über ein Schwimmbad verfügt. Aber mit Ferdinand (Werner Godemann) gibt sie Barbara einen Meister mit Herz an die Seite, der sich sehr um den attraktiven Neuling kümmert, der es auch im Kreis erfahrener Kolleginnen (Uta Haase als „Die Dicke“) nicht leicht hat.

Doch allen Widrigkeiten zum Trotz und mit ganz praktischer Hilfe ihrer Schwiegermutter, die seit vielen Jahren im gleichen Betrieb arbeitet, hat sich Barbara schnell zur Facharbeiterin qualifiziert und ist bereit für den nächsten Schritt zur Meisterin. Dafür muss sie aber die Abteilung wechseln und wird nun Obermeister Franz (Peter Kalisch) unterstellt. Bei dem ein anderer Wind weht, weil er nicht nur weit weniger Verständnis aufbringt für Barbaras Temperament, sondern geradezu allergisch reagiert bei ihren Neuerervorschlägen zur Berufsausbildung.

Das hat es hier ja noch nie gegeben, eine junge Frau wie Barbara, welche die hohen Anforderungen an die eigene Leistungsbereitschaft, damals im Sport wie jetzt im Textilbetrieb, auch an ihre Kollegen unter ausdrücklichem Einschluss der Vorgesetzten stellt. Dabei ist sie gleichzeitig bereit, sich selbst für das Kollektiv einzusetzen – und dabei auch unkonventionelle Wege zu beschreiten. Etwa beim Bau einer betriebseigenen Schwimmhalle, die für den ganzen Ort geöffnet werden soll. Barbara ist gerade bei den Auszubildenden beliebt – als Vorbildfigur, die ihre Sprache spricht und als Außenstehende Dinge erkennt und anspricht, die verbesserungsbedürftig sind.

Auch Mausi (Renate Krößner) und Iris (Cornelia Lippert), die sie bei einer nicht ganz legalen Werbetour in Gaststätten und Schulen als Lehrlinge gewinnen konnte zusammen mit ihrem alten Meister Ferdinand, können sich auf Barbara, ihre Beharrlichkeit und ihr Durchsetzungsvermögen, verlassen. Nur ihr Gatte Herbert wird mit Barbaras Erfolg nicht fertig: „Diesmal werde ich ausgezählt“. Weil das von ihm aufgebaute Rechenzentrum, weshalb er überhaupt hierher in die Provinz gekommen ist, an ein großes Industriekombinat verkauft worden ist, fühlt er sich verraten und verkauft.

Von der Direktorin vor die Wahl gestellt, sich entweder dem Bereich „Neue Technik“ zuzuwenden oder eine minderqualifizierte Tätigkeit in der Berufsschule anzunehmen, entscheidet sich Herbert gegen eine erneute Herausforderung und für die rasch unbefriedigende Arbeit in der Schule. Zumal er sich dort ausgerechnet mit Barbaras Neuerervorschlägen konfrontiert sieht. Aus Scham und falsch verstandener Männlichkeit hat er seine Lage lange verschwiegen – und diese kompensiert durch ein Verhältnis mit seiner Sekretärin Eva (Monika Hildebrandt). Als diese im siebten Monat schwanger ist, will ihr Vater (Ralph Borgwardt) klare Verhältnisse, setzt Eva vor die Tür und informiert Barbara.

Die nimmt erst 'mal eine Auszeit bei ihren alten Sportkameraden, welche Barbara eine Rückkehr als Schwimmtrainerin schmackhaft zu machen versuchen. Als diese zu Herbert und dessen Mutter zurückkehrt, ist Eva in die gemeinsame Wohnung eingezogen – und Barbara offenbart ihr großes Herz. Das sie wenig später Ekki ausschüttet, einem alten Freund der Familie, der in Sofia arbeitet und nun auf Besuch vergeblich auf Herbert einredet, sich für die „Neue Technik“ zu entscheiden, was immer auch darunter zu verstehen ist. Bei Barbara sieht Ekki klar: Sie hat mit dem Leistungssport nicht ihre Maßstäbe aufgegeben.

Nach erfolgter Scheidung und überstandenem Zusammenbruch der Schwiegermutter ist Barbara fest entschlossen, Ergsleben den Rücken zu kehren. Doch die Schwimmhalle kann endlich mit einem großen Fest für den ganzen Ort eröffnet werden. Gut, der Eigenbau verfehlt die Maße einer wettkampftauglichen Arena um wenige Zentimeter, aber als Schwimmtrainerin kann Barbara auch hier tätig sein – nach der Arbeit im Betrieb. In dem sie sich sogleich wieder der jungen Leute annimmt...

Lothar Warnekes vierter Spielfilm als Regisseur, zugleich sein erster als Drehbuchautor, trug ursprünglich den Titelzusatz „...oder: Was man von Pinguinen lernen kann“, der aber zur Uraufführung wieder gestrichen war. Ziemlich zum Schluss ist eine kurze Dokumentarfilmsequenz mit Pinguinen hineingeschnitten worden: Pinguine schlagen im Augenblick höchster Leistung einen Salto und offenbaren damit, dass sie auch Spaß daran haben. Sein Film über eine „Havariesituation des Lebens“, so Warneke, soll den Menschen Mut machen, ihre Ideale nicht aufzugeben. Der Regisseur hat selbst Erfahrungen sammeln können in einer Leipziger Baumwollspinnerei zwischen seinem Theologie- und seinem Filmstudium – bei einer als „Spinnenweiber“ verrufenen Frauenbrigade.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
2971 m, 109 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 11.03.1977, Leipzig, Capitol

Titel

  • Originaltitel (DD) Die unverbesserliche Barbara

Fassungen

Original

Länge:
2971 m, 109 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 11.03.1977, Leipzig, Capitol