Credits
Regie
Drehbuch
Kamera
Schnitt
Darsteller
- Anneliese Lentführ
- Bruno Roggenbrodt
- Erwin Krummpeter
- Hilde Krummpeter
- Gustav Szieguleit
- Elli Szieguleit
- Dr. Unger
- Ewald Repenning
- Bauer
- VP-Wachtmeister Rudi
Produktionsfirma
Produzent
Alle Credits
Regie
Drehbuch
Kamera
Szenenbild
Schnitt
Ton
Darsteller
- Anneliese Lentführ
- Bruno Roggenbrodt
- Erwin Krummpeter
- Hilde Krummpeter
- Gustav Szieguleit
- Elli Szieguleit
- Dr. Unger
- Ewald Repenning
- Bauer
- VP-Wachtmeister Rudi
- Politiker in Bonn
- Diskussionsleiter
Produktionsfirma
Produzent
Länge:
97 min
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:
Aufführung (DE): November 2016, Cottbus, Filmfestival
Titel
- Originaltitel (DE) Die Dubrow-Krise
Fassungen
Original
Länge:
97 min
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:
Aufführung (DE): November 2016, Cottbus, Filmfestival
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Der „Fall“ beginnt mit einem Befehl der Berliner Generalität: Die Erneuerung und weitere Befestigung der Grenzanlagen durch die Nationale Volksarmee unter Aufsicht des Leipziger Instituts für Vermessung und Kartenwesen der DDR habe nachts zu erfolgen, um Kamerateams des Klassenfeindes keine Gelegenheit zum Drehen zu geben. 16. September. Die Rias-Nachrichten (Rundfunk im Amerikanischen Sektor) berichten von Walter Ulbrichts Besuch in Ungarn und der Großkundgebung mit Janos Kadar (hat in Wirklichkeit Mitte Mai 1967 stattgefunden). Und davon, dass es Regen gibt. Im Gegensatz zur Prognose „trocken“ im (Ost-) Deutschlandsender.
Ewald Repenning hats als erster bemerkt: Dubrow ist nach Osten hin mit Maschendrahtzaun und Stacheldraht abgeschnitten, und nach Westen hin offen. Bürgermeister-Gattin Hilde wundert sich über die neuen Uniformen der Grenzer und ihre gerade mit Sonderausweis in der Sperrzone zu Besuch weilende Tante Hanna Sulldorf (Marga Maasberg) fragt sich, wie sie denn nun nach Hause kommen soll. Genosse Hans Kuscholke (Jochen Rathmann), der Kraftfahrzeugmeister, wagt sich als erster über die nicht mehr existierende West-Grenze – und will künftig nur noch mit „Herr“ angeredet werden.
Während im Dorf diskutiert wird, ob diese Veränderung auf Dauer ist, packen die ersten Familien ihren Wartburg bis unters Dach voll und brausen davon. „Für Frieden und Sozialismus“: Unter dem Banner im Kulturhaus herrscht Ratlosigkeit. Volkspolizei-Wachtmeister Rudi („Diese Grenze ist international garantiert“) erreicht seine Vorgesetzten nicht, die Parteisekretärsgattin Marlis (Annelore Kunze) will das SED-Emailleschild an der Haustür abschrauben und im Dorfkrug schmettern Ewiggestrige das Westerwaldlied. In Bonn herrscht immer noch absolute Ruhe, man befürchtet eine Provokation der DDR (O-Töne von Schröder, Stoltenberg und Strauß werden geschickt in die fiktive Handlung geschnitten). Und dann gräbt jemand eine alte Karte von 1689 aus: Dubrow gehört danach zum Herzogtum Lauenburg – also zum Westen.
Also keine Hinterlist der Sozialisten. Sofort setzt Bundesgrenzschutz-Oberstleutnant Jonigkeit (Alf Marholm) seine Leute in Marsch, hart auf den Fersen eine gierige Journalisten-Meute aus aller Welt. Jahrmarktsstimmung kommt auf, die Schulkinder posieren in ihren Uniformen der Jungen Pioniere fürs Westfernsehen („Immer bereit!“) und ganze Busladungen neugieriger Bundesbürger zertrampeln die Blumenbeete. Der HO-Verkaufsstellenleiter Harry Koberg (Arno Görke) erhält Angebote westdeutscher Handelsketten, der Bauer Siegfried Prell setzt die seinerzeit von FDJ-Aktivisten einkassierten Grenzsteine wieder in den Boden und Yvonne (Giulia Follina), Tochter des immer schon gegen die Kollektivierung wetternden Bauern Gustav Szieguleit, will sich als erstes Hamburg anschauen.
Doch Bonn mauert bei der Reprivatisierung: die Großflächenwirtschaft der LPG soll erhalten bleiben, zumal das CDU-Wahlprogramm auch weiterhin eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel vorsieht. Inzwischen hat auch die Nato Wind vom „Fall“ Dubrow bekommen, Außenminister Brandt (in historischen Originalaufnahmen) reist nach Washington. Doch in den DDR-Nachrichten „Aktuelle Kamera“ kein Wort, sodass auch Bürgermeister Krummpeter vom rechten – also linken – Glauben abfällt: „Die haben doch genug Zeit gehabt mit ihrem Sozialismus.“ Und: „Der Mensch hat eben zu viele Fehler.“
„Dieses Fernsehspiel ist kein Dokumentarspiel“ heißt es im WDR-Pressetext zur Erstausstrahlung des 97-Minüters am 9. Januar 1969 in der ARD: „Versuche, etwas über die ‚Dubrow-Krise‘ in den Zeitungsarchiven zu erfahren, würden ergebnislos verlaufen. Diese Geschichte hat niemals stattgefunden und wird wohl auch nicht stattfinden.“ Und dennoch wird im Fernsehstudio mit einem Diskussionsleiter über die Ereignisse gesprochen mit dem Bonner Ministerialdirigenten Dr. Unger, dem damaligen LPG-Vorsitzenden und der Kartographin Anneliese Lentföhr vom Leipziger Institut.
Wolfgang Menge wirft in seiner geradezu prophetischen politischen Fiktion Fragen auf, die gut zwanzig Jahre später brisante Aktualität erlangten: Wie werden DDR-sozialisierte Menschen mit einer solchen „Wende“ fertig, die sie zumindest so nicht gewollt haben? Wenn sich ihr Alltag über Nacht radikal ändert und kein Stein mehr auf dem anderen bleibt? Gedreht hat der WDR in Prezelle im Zonenrand-Landkreis Lüchow-Dannenberg. Und das unter Mitwirkung der Dorfbewohner fast ausschließlich in Originaldekorationen. Einschließlich des Warenangebots in der HO-Verkaufsstelle (Handelsorganisation). Josef Beuys, Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie, war von diesem Film und seiner authentischen Ausstattung so fasziniert, dass er das Fernsehspiel in seine Lehrtätigkeit integrierte. Und mit der Installation „Wirtschaftswerte“ 1980 im Museum für Moderne Kunst im belgischen Gent der damals weitgehend schmucklos-produktbezogenen DDR-Warenästhetik ein Denkmal setzte.
Pitt Herrmann