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Der Film trägt den Untertitel "Eine filmische Weltbetrachtung". Versucht wird die Darstellung von Vorgängen in Naturwissenschaft, Technik und Gesellschaft außerhalb und unabhängig vom menschlichen Willen. Im Zusammenhang mit der Frage, wohin sich die Menschheit entwickelt, wird auf brennende soziale Probleme wie Hunger, Seuchen und Analphabetismus hingewiesen.
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Die Aussicht ist glänzend: die Zukunft gehört dem Sozialismus. Auch wenn die Thorndikes einräumen, dass es seine Zeit dauert, bis jeder Mensch nur noch „neben der Arbeit“ steht, wie Marx es voraussagte, also intellektuelle Leitungsfunktionen ausübt. Zum anderen zwinge die Konkurrenzsituation zum Kapitalismus dem Sozialismus noch einige „Hinderungsmechanismen“ auf wie die Bewaffnung des Volkes. Wie Lenin nach der Oktoberrevolution die Interventionstruppen des Kapitals aus Russland hinauswerfen musste, muss sich der Sozialismus heute vor seinen Nato-Gegnern schützen, was Kräfte bindet, die dem eigenen Aufbau verlorengehen. Am Ende des Weges aber steht eine friedliche Welt, bestimmt von Forschung, Lehre und Wissenschaft, geeint unter Hammer und Sichel.
Annelie und Andrew Thorndike verdeutlichen ihre These an einem 24-Stunden-Modell: erst in den letzten Sekunden der Weltzeituhr bricht das neue, das sozialistische Zeitalter an, und mit den ersten 60 Jahren nach der Oktoberrevolution beginnt eine neue Zeitrechnung – eine rote, wie auf besagter Uhr optisch verdeutlicht. Die Dokfilmer untermauern ihre marxistische Sicht der Dinge nicht mit eigenem Material, weshalb in der Besetzung auch keine Kamera ausgewiesen ist, sondern lassen den Schauspieler Jürgen Hentsch als Sprecher die um hochprofessionelle Grafiken und Trickfilme ergänzte Collage authentischer Archiv-Schnipsel erklären.
„Die Alte Neue Welt“ ist ein Paradebeispiel marxistischer Geschichtswissenschaft und ihrer Randdisziplinen. Und zugleich ein exemplarischer Beleg für den Parteiauftrag der vom Defa-Studio für Wochenschau und Dokumentarfilm ausgegliederten, von Andrew Thorndike als Leiter und Produktionschef Hans-Joachim Funk zwischen 1967 und 1983 als eigenständiger Volkseigener Betrieb (VEB) geführten Gruppe 67, die unter Umgehung der Defa unmittelbar der nur „HV Film“ genannten Hauptverwaltung Film beim Ministerium für Kultur unterstellt war. Der in vierjähriger Vorbereitungszeit mit hohem technischem Einsatz entstandene, von den Thorndikes selbst „Sachfilm“ genannte populärwissenschaftliche Propagandastreifen in Spielfilmlänge, ausdrücklich vorgesehen für den republikweiten Einsatz im Schulunterricht, weshalb es zahlreiche Voraufführungen gab, kam, vom staatlichen Verleih mit dem „Progress-Bären“ ausgezeichnet, zum 28. Jahrestag der DDR-Gründung am 7. Oktober 1977 in die Kinos.
Annelie und Andrew Thorndike über ihre „filmische Weltbetrachtung“ in der populären DDR-Zeitschrift „filmspiegel“ (Ausgabe 20/1977): „Uns ist bewußt: Wir haben ein großes Wagnis auf uns genommen. Wir haben Neuland in der Filmkunst betreten. Bisher wurde der Versuch nicht unternommen, Wesentliches, vielleicht das Wesentlichste, über die gesamte Menschheitsgeschichte in einem Film zu berichten. In kurzen 110 Minuten. Wir erzählen von allem Anfang an, als der Mensch aus dem Tierreich heraustrat, bis auf den heutigen Tag, da er die Produktion der materiellen Güter komputergesteuerten Maschinen zu überlassen beginnt. Da die Vorgeschichte der Menschheit sich ihrem Ende zuneigt und die eigentliche Geschichte der Menschen beginnt. Ja, wir scheuen uns auch nicht, Gedanken über die Zeit, die nun den Menschen erwartet, zum Ausdruck zu bringen.“
Pitt Herrmann