Inhalt
Rachel, die anders heißt, spricht mehrere Sprachen fließend und ist überall und nirgends zu Hause. Perfekte Voraussetzungen für eine Agentin, findet auch der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad, der sie rekrutiert. Ihr Verbindungsmann Thomas hält große Stücke auf sie; auch die Einsatzleitung in Israel ist von ihr überzeugt, und so wird Rachel mit einer Undercover-Mission in Teheran beauftragt. Fasziniert von dem fremden Land, fügt sie sich vorsichtig in den Alltag vor Ort ein und beginnt eine Affäre mit dem Geschäftsmann Farhad, den sie ausspähen soll. Ihre Aufträge werden immer anspruchsvoller und gefährlicher, und schließlich entscheidet sie sich auszusteigen. Thomas, dem sie nur eine kryptische Nachricht hinterlässt, muss sie finden, ehe sie Israel gefährlich werden kann.
Diane Kruger steht als Mossad-Agentin in jeder Sekunde überzeugend im Mittelpunkt der verschachtelten Handlung, die sich durch verschiedene Länder und Zeitebenen zieht. Nach der Romanvorlage von Yiftach Reicher Atir, selbst ehemaliger israelischer Geheimdienstmitarbeiter, erzählt Regisseur und Drehbuchautor Yuval Adler einen spannenden Spionagethriller um die Frage nach der eigenen Identität.
Quelle: 69. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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Umgehend wird Thomas zu einem Krisentreffen in einer sicheren Wohnung in Köln beordert. Der Geheimdienst ist alarmiert, denn als ehemalige Mossad-Spionin verfügt Rachel, eine Frau ohne familiäre Wurzeln, die überall und nirgends zuhause und eher zufällig in Israel gelandet ist, wo sie sich dem Geheimdienst anschloss, über brisantes Insiderwissen. Mit großem Einfühlungsvermögen und echten Gefühlen, die bald in aufrichtiger Liebe gipfelten, hatte Thomas, Sohn einer deutschen Mutter, die in einem israelischen Kibbuz arbeitet, Rachel auf immer gefährlichere Missionen schicken können.
Zuletzt in den Iran, wo sie in Teheran als Englischlehrerin eine perfekte Tarnung genoss. Weil sich Rachel rasch voll akklimatisierte, die Stadt und die Menschen liebgewann. Und selbst so viel Vertrauen erweckte, dass sie an der Seite junger, westlich orientierter Iraner eintauchen konnte in eine bunte, offene Parallelwelt zum reaktionären Gottesstaat des Mullah-Regimes. Fast zwangsläufig hat sich Rachel in eine Zielperson verliebt, Farhad Razari.
Es geht um einen Elektronik-Deal des Unternehmens, dem Razari angehört. Unter Umgehung der Boykottregelungen der USA und anderer westlicher Staaten soll Material für die iranische Atomwirtschaft ins Land geschmuggelt werden. Der Mossad will auf dem Weg dorthin die bestellten Güter mit kaputter Ware austauschen, sodass Iran den Schaden hat. Rachel hat sich nachts einschließen lassen und den Server des Elektronik-Konzerns manipuliert, dass dabei ein Wachmann sein Leben lassen muss, bucht die Agentin als ungewollten Kollateralschaden ab. Aber dann ist sie von Farhad Razari schwanger – und Thomas soll sie möglichst auf den rechten Weg zurückführen...
„Die Agentin“ fesselte das Berlinale-Publikum, wo er außer Konkurrenz im Wettbewerb uraufgeführt wurde mit Martin Freeman auf dem Roten Teppich, auch mit der authentischen Sprachvielfalt der Originalfassung. Entstanden ist er nach dem 2016 erschienenen israelischen Bestseller „The English Teacher“ von Yiftach Reicher Atir, einem ehemaligen Mossad-Mitarbeiter, der aus erster Hand Einblick in die Arbeit global agierender Spionageorganisationen gewähren konnte. Unter dem Filmtitel „Die Agentin“ erschien das Buch in deutscher Übersetzung 2019 bei Zweitausendeins.
In seinem nach „Bethlehem“, uraufgeführt 2013 auf den Int. Filmfestspielen Venedig und mit zahleichen Auszeichnungen bedacht, zweiten Spielfilm erzählt der gebürtige Israeli und seit langem in New York lebende Drehbuchautor, Regisseur und Produzent Yuval Adler zusammen mit dem renommierten deutschen Team aus Kolja Brandt (Kamera) und Hansjörg Weißbrich (Schnitt) eine geradezu klassische Dreiecksgeschichte: Thomas soll Rachel wieder auf den richtigen Pfad zurückholen – und will sie gleichzeitig vor den Auftragskillern der eigenen Organisation beschützen.
Mit Diane Kruger und Martin Freeman hochkarätig besetzt trägt gerade auch der in seiner kanadischen Heimat durch TV-Serien bekannte Shakespeare-Bühnendarsteller Cas Anvar entscheidende Leinwandpräsenz bei zu einem nicht nur durch ständige Verschränkung der Zeitebenen mysteriösen Verwirrspiel um Wahrheit und Berechnung, Loyalität und Liebe. Dass etwa türkische Kurden Rachel darin unterstützen, Bomben gegen das iranische Atomwaffenprogramm über die Grenze zu schmuggeln, erschließt sich mir nicht. Aber was ist schon logisch im Nahost-Konflikt? Free-TV-Premiere war am 1. August 2022 im ZDF.
Pitt Herrmann