Inhalt
Eine gelungene Satire nach Heinrich Manns Roman über den kleinbürgerlichen Aufsteiger Diederich Heßling im wilhelminischen Deutschland. Er hat gelernt, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten. Er knüpft Beziehungen zu einflussreichen Leuten, die ihm nützen können, für seinen geschäftlichen Erfolg, unter solchen Erwägungen wählt er auch seine nicht sonderlich attraktive, aber reiche Ehefrau aus. Und er nutzt seine Beziehungen zum Regierungspräsidenten von Wulkow, um einen unliebsamen Konkurrenten auszuschalten. Sein größtes Erlebnis ist es, den Kaiser aus der Nähe gesehen zu haben. Eifrig sammelt er für ein Kaiserdenkmal in seiner Stadt. Doch die Einweihung geht in einem tosenden Gewitter unter.
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Während die ideologisch arg eingefärbte Story manche Auswüchse in die Klamotte annimmt vom prophetischen „Nazi“-Couplet im Variete über die Präsentation der Erfindung von abrollendem, mit vaterländischen Reimen bedrucktem Klopapier ausgerechnet beim Anschneiden der Hochzeitsorte bis hin zur tragischen Liebesaffäre Emmi Hesslings mit einem Offizier, hätte die technische Seite des Films einen Meilenstein in der Geschichte des Ufa-Nachfolgers Defa bedeuten können: Robert Baberske arbeitet mit expressiven Bildern, waghalsigen Kamera-Perspektiven (so ist bei einer Rede Hesslings nur das heftig bewegte Gebiss des Schauspielers Werner Peters zu sehen) und überraschenden (Aus-) Schnitten. Während in den drei Westzonen des von den Alliierten besetzten Deutschland nur hausbackenes, ideologisch nicht minder belastetes Heimat-Kino gefragt ist, erinnert man sich bei der Defa an die avantgardistische Tradition der Vorkriegszeit. Wenigstens bis zum nächsten Stopp-Signal durch Partei und Staat.
Apropos Zonen. Die 109-minütige Originalfassung wurde am 31. August 1951 gleichzeitig im „Babylon“ gegenüber der Volksbühne und im Defa-Filmtheater an der Kastanienallee uraufgeführt. Sie passierte die Zensur im angeblich freien Teil Deutschlands nicht. Erst als Wolfgang Staudte, einer der produktivsten Grenzgänger zwischen Ost und West, eigenhändig eine Kürzung um rund fünfzehn Film-Minuten vornahm und einen Vorspann hinzufügte, in welchem auf den Einzelfallcharakter der Story verwiesen wird, passierte „Der Untertan“ in einer nunmehr 96-minütigen Fassung die westdeutsche Zensur und konnte erstmals am 8. März 1957 in zwei Münchner Kinos, Sendlinger Tor- und Rathaus-Lichtspiele, gezeigt werden. TV-Premiere war am 2. September 1954 im Deutschen Fernsehfunk der DDR, erst im Jahr des Mauerbaus, 1961, wurde „Der Untertan“ im West-Fernsehen ausgestrahlt.
1951 erhielten Regisseur Wolfgang Staudte den DDR-Nationalpreis II. Klasse und der Hauptdarsteller Werner Peters den DDR-Nationalpreis III. Klasse. Beim VI. Int. Filmfestival Karlovy Vary (Karlsbad) gabs im gleichen Jahr den Preis „für den Kampf um den sozialen Fortschritt“. Und 1956 in Helsinki auf einer Festveranstaltung anlässlich des 60. Jahrestages der Erfindung des Films ein Ehrendiplom.
Pitt Herrmann