Der Reserveheld

DDR 1964/1965 Spielfilm

Inhalt

DEFA-Komödie mit dem DDR-Starkomiker Rolf Herricht. Er spielt einen berühmten Schauspieler, der als Reservist ausgerechnet während seiner Flitterwochen in die Kaserne abkommandiert wird. Allerdings sieht der Promi es gar nicht ein, seinen Urlaub zu unterbrechen und verbrennt kurzerhand den Befehl – worauf er von der Polizei geschnappt und zwangsweise zur Kaserne gebracht wird. Hier gerät der anarchische Schauspieler schon bald mit dem strengen Hauptmann aneinander. Und als dann auch noch seine junge Frau in der Kaserne auftaucht, um nach ihrem Mann zu schauen, überschlagen sich die ohnehin schon turbulenten Ereignisse.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
„Erfolg verdirbt den Charakter“ meckern die Beleuchter, als sie im Babelsberger Studio zur Zwangspause verdammt sind. Weil der Star der jüngsten Produktion „Keine Zeit für Liebe“, Ralf Horricht, urplötzlich die Brocken hinschmeißt. Was bei dieser horrenden Militärklamotte des von sich eingenommenen Drehbuchautors und des künstlerisch offenbar unterbelichteten Regisseurs nur zu verständlich wäre.

Doch dem Star-Komiker Horricht geht es gar nicht darum, wie er mit Aplomb bei seiner „Kündigung“ behauptet, künftig nur noch Charakterrollen spielen zu wollen. In Wirklichkeit will er mitten in der vereinbarten Drehzeit eine Woche Sonderurlaub herausschlagen, um seiner langjährigen Freundin, der jungen Ärztin Susanne, das standesamtliche Ja-Wort geben zu können, nachdem der Schauspieler, offenbar nicht nur vor laufender Kamera ein ausgesprochener Angsthase, endlich die Traute zu einem Hochzeitsantrag hatte.

Regisseur Wolfgang kommt zwar hinter Horrichts Plan, spielt aber mit, weil er sein Zugpferd nicht verlieren will. Das in dem Berg täglicher Fanpost, die zumeist ungelesen im Kamin daheim verschwindet, den Einberufungsbefehl der Volksarmee zum Reservedienst in Frankenburg übersehen hat. So fährt er mit Susanne an die Ostsee zur Trauung im ganz kleinen Kreis. Das Ferienheim Sonnenglück erweist sich freilich als erste Hürde: der Portier will den beiden durchaus erwachsenen Hochzeitern das bestellte Doppelzimmer erst nach dem offiziellen Ringtausch geben.

Nach vollzogener Trauung wird das von allen Ortsbewohnern samt ihren Urlaubsgästen aus der ganzen Republik heftig umjubelte Paar alsbald getrennt: Die Volkspolizei kennt keine Gnade beim „Genossen Horricht“, aus der Flitterwoche wird nur eine Hochzeitsnacht, denn Ralf muss einrücken. Was ihm in der ersten Zeit nicht allzu schwer gemacht wird. Von den Stubenkameraden, darunter Intellektuelle und sogar der Direktor eines volkseigenen Kombinates, die ihm das Bett bauen und den Spind in verlangter Ordnung halten. Vom Zugführer, Leutnant Malorti, der seinem Untergebenen, insgeheim versteht sich, sogar einen Uniformknopf annäht und die Hose bügelt.

Bei diesem prominenten „Rekruten“ drückt selbst der joviale Oberst schon mal ein, und bei Bedarf sogar beide Augen zu. Aber wenn die Moral der Truppe allzusehr unter Ralf Horrichts Mätzchen leidet wie beim Ausmarsch durch den Ort, wo der Leinwand- und Bildschirmstar in Uniform sogleich erkannt wird und im Laufen Autogramme am laufenden Band schreibt, ist Schluss mit lustig. Da kommt der neue Kompaniechef, Hauptmann Hottas, gerade recht. Der nur „Dynamit“ genannte harte Hund ist Militär von der Sohle bis zum Scheitel, in seiner Welt gibt es keinen Platz für seichte Unterhaltung.

Weshalb er Horricht nicht als prominenten Schauspieler erkennt, sondern als den größten Trottel von Reservisten ansieht, der ihm in seiner bisherigen NVA-Karriere untergekommen ist. Weshalb er sich die Komödie auf dem Exerzierplatz und auf dem Übungsfeld nicht länger anschaut, sondern sich den „Komiker“ persönlich zur Brust nimmt: Einzeltraining ist angesagt. Apropos Brust. Hottas ist zufällig Zeuge, als Susanne am ersten Ausgangs-Wochenende der Reservisten im schicken Wartburg-Sport-Cabrio am Frankenburger Hof vorfährt, um wenigstens ein wenig der entgangenen Flitterwoche nachzuholen. Er ist sogleich Feuer und Flamme und lässt nichts unversucht, um sich dieser Klasse-Frau zu nähern.

Was dadurch erleichtert wird, dass sich der Hotelportier weigert, Prominenz hin oder her, Ralf zu seiner Angetrauten zu lassen, weil die Ehe noch nicht in seinem Ausweis verzeichnet ist und er naturgemäß den Trauschein nicht bei sich führt. Pleiten, Pech und Pannen: In noch mobilfunkloser Zeit können die Liebenden nicht zueinander kommen und Hottas glaubt sich am Ziel seiner Wünsche, nicht ahnend, welcher schönen Frau er so auffällig den Hof macht. Was sich in der Kaserne rasch herumspricht, sodass die Kunde zum darob eifersüchtigen Gatten dringt. Der sich in seiner Verzweiflung aus dem Kostümfundus seines inzwischen auch in Frankenburg drehenden Filmteams eine Generalsuniform ausborgt und eine leicht bekleidete, scheinbar inflagranti erwischte Susanne zur Rede stellt...

Nach seinem großen Erfolg als Volkspolizist in Gottfried Kolditz' „Geliebte weiße Maus“ von 1964 bedeutete „Der Reserveheld“ den endgültigen Durchbruch Rolf Herrichts als „der“ Komiker des Arbeiter- und Bauernstaates. Die zum 10. Jahrestag der Nationalen Volksarmee (NVA) entstandene Komödie, zu der der bekannte „Eulenspiegel“- und Lustspiel-Autor Rudi Strahl sein erstes Film-Drehbuch schrieb, war beim Publikum weitaus beliebter als bei den Zensoren, welche sich eine Verbindung der so ernsten Angelegenheit NVA mit leichter Unterhaltungsware nicht vorstellen konnten.

Auch die naturgemäß auf Parteilinie stehenden Kritiker konnten sich mit der Komödie nicht anfreunden: „Schwarzweiße Reservekomik“ und „Brauchen wir einen Reservehelden?“ titelten die DDR-Blätter. Erika Richter hat in ihrem Beitrag „Zwischen Mauerbau und Kahlschlag – 1961 bis 1965“ im profunden, vom Filmmuseum Potsdam herausgegebenen Standardwerk „Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg“ (Henschelverlag Berlin, 1994) eingestanden, seinerzeit falsch gelegen zu haben, indem sie Ralf Herricht die Fähigkeit absprach, in der Lage zu sein, eine komische Figur zu schaffen: „Heute begreife ich, etwa beim Sehen des Films 'Der Reserveheld', dass dieser Schauspieler, klein, ungeschickt, eitel, schwierigen Situationen nicht gewachsen – wie wir -, eine unvergleichlich reine Ausstrahlung hat, die die Menschen anrührte und ihm ihre überwältigende, nie versiegende Sympathie einbrachte.“ Chapeau, Frau Richter!

Pitt Herrmann

Credits

Kamera

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Länge:
2141 m, 79 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 27.02.1965, Sondershausen, Theater der Freundschaft

Titel

  • Originaltitel (DD) Der Reserveheld

Fassungen

Original

Länge:
2141 m, 79 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 27.02.1965, Sondershausen, Theater der Freundschaft