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Falk Harnacks DEFA-Film beruht auf dem gleichnamigen Roman von Arnold Zweig: Nachdem der Hamburger Fleischermeister Albert Teetjen die Konkurrenz eines Warenhauses schmerzhaft zu spüren bekommen hat, wird er Mitglied der NSDAP. Und tatsächlich wird ihm bald eine neue Arbeit angeboten. SS-Standartenführer Footh schlägt dem Fleischer vor, die Rolle des erkrankten Scharfrichters zu übernehmen. Teetjen geht darauf ein, doch er und seine Frau Stiene werden an der Aufgabe zerbrechen.
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Seine Frau Stine drängt ihn, seinen alten Kriegskameraden Hans Peter Footh um Hilfe zu bitten. Der hat als Reeder Karriere gemacht und verfügt überdies als SS-Standartenführer über großen Einfluss in Hamburg. Aber zur Zeit plagen ihn selbst Sorgen: Im Zuchthaus Fuhlsbüttel sitzen vier zum Tode verurteilte Kommunisten, deren Hinrichtung immer wieder verschoben werden muss, weil der Scharfrichter erkrankt ist.
Von den oberen Behörden wird jedoch auf Urteilsvollstreckung gedrängt, weil der „Führer“ demnächst Hamburg einen Besuch abstatten will – da muss zuvor „reiner Tisch“ gemacht werden. So kommt Teetjens Ansinnen um Hilfe gerade zur rechten Zeit: Footh kann den kleinbürgerlich-biederen, braven Geschäfts- und Ehemann tatsächlich dazu überreden, für einen Judaslohn von 2.000 Reichsmark das Henkersamt zu übernehmen.
Der Schlachtermeister trägt zwar während der Hinrichtung die obligatorische Henkersmaske, doch die Ärztin Dr. Käte Neumeier, die der Exekution zusammen mit weiteren Beobachtern folgt, erkennt ihn und sorgt dafür, dass sich seine Tat herumspricht. Fortan werden Teetjen und sein Geschäft gemieden, selbst von Nazi-Mitläufern. Als auch ihre letzte Hoffnung, SA-Sturmführer Trowe, weder den wirtschaftlichen Ruin noch die moralische Verurteilung des Ehepaares aufzuhalten vermag, bleibt nur noch der Selbstmord...
Falk Harnack (1913 bis 1991) gab mit der Literaturverfilmung „Das Beil von Wandsbek“ sein Regiedebüt. Arnold Zweig hatte den 1943 erschienenen Roman im Exil, in der israelischen Hafenstadt Haifa, geschrieben. Der Stoff geht auf eine historisch verbürgte Begebenheit aus Hamburg-Altona im Jahr 1937 zurück.
Falk Harnack war von 1949 bis 1952 künstlerischer Leiter der Deutschen Film AG, verließ aber nach dem Streit um seinen Debütfilm, der als sein bester überhaupt gilt, 1952 die DDR und arbeitete fortan in Westdeutschland („Der 20. Juli“, „Jeder stirbt für sich allein“, „Arzt ohne Gewissen“). Dieser „Seitenwechsel“ des einstigen Widerständlers gegen die Nationalsozialisten, Harnack arbeitete von 1937 an am Deutschen Nationaltheater Weimar, sein älterer Bruder Arvid wurde als Mitglied der Gruppe „Rote Kapelle“ 1942 hingerichtet, hat dazu geführt, dass der erste Verbotsfilm der Defa-Geschichte für zehn Jahre im Babelsberger Giftschrank verschwand.
Nur fünf Wochen nach der Uraufführung am 11. Mai 1951 im Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz wurde „Das Beil von Wandsbek“ auf Druck sowjetischer Funktionäre abgesetzt, bis dahin hatten 800.000 Besucher den 110-minütigen Film gesehen. Der offizielle Vorwurf richtete sich gegen die eindringliche, zu nuancierte Verkörperung der Teetjen-Figur durch den Star-Schauspieler Erwin Geschonneck: Sein Spiel erwecke Mitgefühl für den Henker – und vernachlässige die Rolle der Arbeiterklasse im antifaschistischen Kampf.
1962 kam zum 75. Geburtstag von Arnold Zweig eine um zwanzig Minuten gekürzte Fassung des Films in die Kinos, aus der das Schicksal des Ehepaars Teetjen nach der Aufdeckung der Henkerstat getilgt wurde. Sie kam auch ins Fernsehen beider deutscher Staaten, zunächst am 19. April 1974 ins ZDF und am 27. September 1977 ins Fernsehen der DDR. Erst 1981 war der vollständige Film auf Wunsch des Hauptdarstellers Erwin Geschonneck anlässlich seines 75. Geburtstages wieder in einer Sonderaufführung zu sehen, die westdeutsche Erstaufführung erfolgte im März 1983 im Berliner Kino Arsenal. Zum 15. Todestag des Regisseurs Falk Harnack sorgte der MDR am 11. September 2006 für die Erstausstrahlung der ungekürzten Originalfassung.
Pitt Herrmann