Romanze mit Amélie
Liebe im "Niemandsland"
So beginnt Ulrich Theins "Romanze mit Amelie" nach dem gleichnamigen Roman von Benito Wogatzki, der nun auch das Szenarium für den Film schrieb. Das verdichtete Bild trägt den Traum, die Sehnsucht des Menschen nach Schönheit, ewiger Harmonie und die bittere Realität seiner Zerstörung in sich.
Jürgen Siebusch ist mit seiner Mutter vor dem Bombenhagel in Berlin nach Hohengörse geflüchtet, ein Kilometer vom Abzweig einer Chaussee, auf der im Frühjahr von Osten her Panzer rollen werden. Hier erlebt er das Ende einer Epoche, lebt in einer gefährlichen, lebensbedrohenden Zeit, in der das Unmenschliche besonders kraß hervortritt; und er durchlebt das Niemandsland, das das noch Kind- und doch schon Erwachsensein trennt und verbindet. (…)
Hier soll kein dokumentarisches Zeitbild an sich gegeben werden und schon gar keine Chronik der Ereignisse in einem Dorf, obwohl die Zeit der Handlung und des Ortes von entscheidender Bedeutung für die Geschehnisse und Handlungen der in diesem Spiel vorkommenden Personen ist. Die konkreten Zeit- und Lebensumstände lassen die seelisch-moralische Verfassung der Menschen und ihre Verhaltensweisen, die sie als Angehörige einer bestimmten Klasse oder sozialen Gruppe kenntlich machen, deutlich hervortreten. Menschliches und Allzu menschliches, Niederes, um nach Höherem zu streben, das Recht auf Liebe und Glück und dem, was dazwischenliegt. Der Film erzählt in Bildern, die bald tragische, bald ironische Züge haben, und reiht sie in hartem Kontrast aneinander – in Kontrast von Schönem und Reinem zu Bösem und Schmutzigem, so den Widerspruch und das Verwobensein zweier Seiten einer Sache kennzeichnend. Auch innerhalb der Szenen wird das deutlich. So zum Beispiel, als Mutter Siebusch ihren Jungen und Amelie in der Hütte auf dem "Niemandsland" überrascht, dem Jungen moralische Vorwürfe macht, gleichzeitig aber in die dargebotene gräfliche Wurst beißt (…)
Das sensible Ausbalancieren aber ist gerade da unbedingt notwendig, wo eine Handlung nicht geradlinig verläuft, sich die Fabel nicht linear entwickelt, um die Diaektik zu erhalten und erkennbar zu machen. Eine Vergröberung im Dialog, eine zu wenig nuancierte Behandlung des Charakters der Nebenfiguren vor allem, führt gegen die teilweise gut entworfenen Bilder – andere geraten zu Illustrationen bekannter Thesen – in die Nähe von Klischee. Manches wirkt zu hastig inszeniert; der Schäfer Schwoffke beispielsweise agiert zu vordergründig belehrsam, der Inspektor von vornherein zu mies. Amélie in der Szene, als sie bei Jürgen Zuflucht sucht, nach ihrem langen, von Angst getriebenen Lauf, ist zu wenig außer Atem, zu frisch und überlegt.