Eine Dubarry von heute
Eine Dubarry von heute
–e–, Film-Kurier, Nr. 21, 25.1.1927
Der Regisseur Korda verabschiedet sich von Berlin, indem er mit diesem Film ein Reifezeugnis für Amerika präsentiert. Fleiß: lobenswert, Betragen der Filmhelden: tugendhaft, Aufmerksamkeit hinsichtlich des Drehbuchs: mangelhaft. Logik: ungenügend. Turnen und Tänze: gut. Mithin versetzt als 7. unter 13 Schülern nach Hollywood. (Mit Admonition in deutscher Psychologie.)
Ja . . . die deutsche Psychologie, die hat in so manches Meisterdokument eine Vier hineingeschmuggelt. Korda hat schon bei der Manuskriptwahl darauf verzichtet, dem deutschen Geschmack entgegenzukommen. Nur ein Amerikaner hätte Birós Roman mit Operettenrevolution und Operettenmilitär in Astorra auf tragisch mit meuternden, schießenden Truppen verarbeitet. Eine Unwahrscheinlichkeitskomödie – die "Dubarry von heute" – mit einem blutigen Drama zu verbinden, – Militärrevolte in Astorra – entspricht vielleicht dem Geschmack des amerikanischen Provinzpublikums, das nun einmal knallen hören und "siegen" sehen will. (Nach der Meinung deutscher "international" eingestellter Produzenten.) Für das deutsche Publikum wirkt die Mischung Blut und Schminke unerträglich. Es geht da nicht mit. Interessant, den Augenblick im Manuskript festzustellen, wenn es die Stirn zu runzeln beginnt und die Lippen zum Pfiffe spitzt.
Das geschieht mitten im zweiten Teil, an dem der Film scheitert. Da fährt eine zur Königsgeliebten großen Stils avancierte Edelhure über die Grenze mit einem König, der die Geliebte an Stelle einer Anleihe ins Land bringt. Ein entwicklungsfähiges Komödienthema – zumal wenn eine "Gegenrevolution" das "verbotenen Paradies" der Dubarry von heute zerstören will.
Korda begeht den schweren Fehler, sein Thema, das er Akte hindurch mit beschwingtem Feingefühl in Bilder umsetzt, totzutreten, mit Panzerautos, reitenden, marschierenden Truppen niederzuschießen. Plötzlich liegt ein namenloser Toter mitten im Film, eine Blutlache überdeckt alle Lustigkeit, peinlicher Pulverdampf sprüht aus hundert Gewehren.
Korda mußte wissen, daß man eine "Dubarry von heute" nicht allzu tragisch nehmen darf, wenn man sie zum Königsliebchen avancieren läßt. Wollte man aber Massen im Film erscheinen lassen, um den Charakter des Großfilms nachdrücklich zu unterstreichen, hätte man sie in "Parade" mit leichter Ironie, nie aber in Aktion mit Mordwaffen auftreten lassen sollen.
Abgesehen von der verfehlten äußeren Handlung ist auch die Korda-Dubarry-Gestalt aus amerikanischer Mentalität geboren. Sie hat ohne Zweifel ein Dutzend Liebhaber, bleibt aber die tugendhaft-keusche Jungfrau, die ausgerechnet von dem reichsten Mann der Welt sich nicht kaufen lassen will. Die Dubarry von heute – ist nichts weiter als ein pseudoromantisches Kinogewächs. (...)