Beschreibung einer Insel
Beschreibung einer Insel
Hubert Haslberger, film-dienst, Nr. 25, 11.12.1979
Fünf junge Leute haben sich vorgenommen, eine kleine Insel in den Hebriden zu erforschen. Mit dem naiven Sammeleifer und dem Wissenschaftsverständnis der Enzyklopädisten des 19. Jahrhunderts suchen sie einer unbekannten Realität beizukommen: ein Vermesser, eine Zeichnerin, eine Botanikerin und zwei Sprachforscher. Aber der Versuch der Annäherung an eine andere Welt erweist sich bisweilen als unangemessen und die vermeintlich paradiesische Welt, die man zu erkunden glaubt, hat ihren Paradieszustand längst verloren. Die Eingeborenen berichten von den Stürmen, die sie einst von dem weitaus fruchtbareren Reef-Island auf die kleine und klimatisch ungünstige Insel Ureparapara verschlagen hat, von den Zeiten der Christianisierung, als die alten Bräuche gewaltsam unterdrückt wurden, und erzählen alte, trotz allem sorgsam gehütete Geschichten.
Der Alltag der Inselbewohner wird kommentarlos, mit einer Ausführlichkeit, die keiner Worte bedarf, festgehalten. Der Verzicht auf den Kommentator ist angenehm, läßt den Zuschauer an den tastenden Versuchen der Annäherung mit all ihren Rätseln und Lücken teilhaben. Somit wird der Film neben der breiten Ablichtung des Alltags der Eingeborenen auch zum Dokument des teilweisen Scheiterns, der enttäuschten Erwartung und der Ratlosigkeit. In langen gruppendynamischen Gesprächen werden auch die Probleme der jungen Forscher untereinander behandelt – das reicht von glaubwürdigen Ansätzen der Selbst- und Gruppenanalyse bis hin zur narzißtischen Pose und psychologisierenden Platitüde von unfreiwilliger Komik.
Insgesamt wirkt der Film wie eine riesige, noch ungeordnete Materialsammlung zu einem ethnologischen Buch, die auf einer anderen Ebene die Probleme des Erkennens einer fremden Welt bewußt durchsichtig zu machen und aufzuarbeiten sucht. Eben dies aber führt beim Großteil des Publikums eher zu einer enormen Verstörung – der Zuschauer glaubt sich um das Recht auf eine klare und thematisch geordnete Information betrogen! Das, was im letzten Gruppengespräch des Films ausgesprochen wird, nämlich daß die formlose Stoffsammlung eines wie auch immer gearteten Ordnungsprinzips einer sauberen argumentativen Logik und Struktur bedarf, sähe der Zuschauer mit einem gewissen Recht gerne auch schon auf den Film selbst wenigstens ansatzweise angewandt. So nimmt sich der über drei Stunden lange Film streckenweise unerhört zäh und verwirrend gestaltlos aus. Die erklärte Stärke des Werks, sein Eingeständnis der Ratlosigkeit und seine meta-.dokumentarische, fast spielfilmartige Qualität, wird so eben auch zu seiner größten Schwäche; nur wenige im Zuschauerraum werden über die auffälligen Längen und Wirrnisse des nicht einmal chronologisch gereihten Materials hinwegsehen können und den teilweise recht unnötig erschwerten Zugang zur eigentlichen Bedeutung des Films finden.