Kinematograph, Nr. 300, 24.12.1929
Es scheint, ab ob das Versuchsstadium der deutschen Tonfilme endgültig überwunden ist. Man hat zunächst, wie hier schon bei "Melodie des Herzens" betont wurde, im Prinzip den deutschen Tonfilm-Stil gefunden, der vor allem dadurch gekennzeichnet wird, daß es sich heute nicht mehr um eine mechanische musikalische Untermalung handelt, sondern um eine geschickte Verteilung von Geräusch, Sprache und Musik, die die Handlung unterstützt, ergänzt und begleitet.
Der neue Froelich-Film ist an sich ausgesprochenes Kinostück, so wie der Theaterbesitzer es braucht, und wie das Publikum es erwartet. (...)
Für die Darstellung ist Froelich, wie so häufig, eigene Wege gegangen. Er übertrug Hans Albers die männliche Hauptrolle, ließ diesen Filmintriganten einen Liebhaber spielen, ein Experiment, das zu neunzig Prozent glückte.
Maßgebend für Froelich war wahrscheinlich die Tatsache, daß sich hier ein guter Darsteller und ein ausgezeichneter Sprecher vereinigt findet.
Aber man muß bei diesem überaus dankenswerten Versuch doch berücksichtigen, daß sich das Publikum an Hans Albers als Liebhaber erst gewöhnen muß.
Das geschieht zweifellos, so daß es absolut nichts ausmacht, wenn der eine oder andere in diesem Albers, besonders in dem ersten Teil der Handlung, mehr den Mann mit Hintergedanken wie den Menschen mit reinem Herzen und ehrlichem Wollen sieht.
Besonders nett, liebenswürdig und routiniert Otto Wallburg als Papa.
Erfolgreich, und sicher in ihren Filmchancen in Zukunft gesteigert, Charlotte Ander, die die Sportlady mit sehr viel Anmut und Temperament gibt.
Sonst noch zu erwähnen Ida Wüst, Walter Janssen, Berthe Ostyn und in einer komischen Charge Julius Falkenstein.
Sehr lieb auch in einer kleinen Episode Ilse Nast.
Passabel die Musik von Hansom Milde-Meißner, die vom Orchester Schmidt-Boelcke, den neun Hollywood-Redheads (eine weibliche Jazz) und Tomei reproduziert wird.
Man möchte allerdings meinen, daß musikalisch ein gewisses Manko vorhanden ist. Man sollte sich grundsätzlich entschließen, jedem Tonfilm, genau so wie jeder Operette, einen ausgesprochenen Schlager beizugeben, der die Popularität eines solchen Werkes sicherlich stark steigert.
Die Photographie, siehe oben, ist durchweg gelungen. Die Rennaufnahmen, vor allem in der Totale, mit den Serpentinen stehen weit über dem Durchschnitt.
Überhaupt ist auch tontechnisch alles in vorbildlicher Ordnung.
Man sieht, daß man mit Riesenschritten dem Ziel der restlosen Vollendung nahe gekommen ist, freut sich deshalb doppelt über diesen Erfolg, den man Carl Froelich besonders gönnt, weil er nicht nur einer der ältesten Regisseure ist, sondern auch einer von denjenigen, die seit Anfang der Kinematographie ernsthaft mit der Zeit und mit der Entwicklung gingen, und die deshalb Anrecht darauf haben, auch in der neuen Tonfilmperiode mit an der Spitze zu beiben.